Diesmal stehen wir weit abseits. Reichlich 200 Kilometer südlich von Bârsana am Kloster Râșca Transilvană und zurück in Siebenbürgen. Das Kloster macht einen verlassenen Eindruck und wir stellen uns gegenüber auf eine freie Fläche, vermutlich der offizielle Parkplatz. Als wir die Tür öffnen, hören wir – nichts – wir sind allein. An diesem Tag das, was wir wollen. Das ist eins der Geschenke, dass wir uns mit dieser Reise machen – einfach bleiben, wo es uns gefällt. Und hier gefällt es uns so richtig gut, also bleiben wir. Fragen, ob wir hier stehen dürfen, können wir nicht, es ist niemand zu sehen.
Auch nach mehreren Stunden ist hier kaum etwas los. Ein vorbeifahrendes Auto empfinden wir bereits als kleine Sensation. Nur ein Hof liegt neben dem Kloster, ein Stück den Berg hinab stehen weitere Häuser, die wir aber von hier oben nicht sehen können. Wir sind am Rand des Naturparks Apuseni, dessen Form aus der Sicht von Google Maps an eine Hand erinnert.
Das Kloster wurde erst im Jahr 2018 geweiht und es sollen sieben Mönche hier leben. Viel mehr finden wir darüber nicht heraus. Wir laufen eine Runde über den Klosterhof aber es scheint tatsächlich niemand da zu sein.
Hier oben leben die Menschen seit Jahrhunderten vor allem von der Forstwirtschaft. Durch die Abgeschiedenheit und die dünne Besiedlung konnte sich hier eine einzigartige biologische Vielfalt erhalten. Dies macht die Region zunehmend für den Tourismus attraktiv. Wer Ruhe und Natur sucht, wird das hier ganz sicher finden.
Zwar sehen wir kaum Menschen, dafür umso mehr Tiere. Jeden Morgen und jeden Abend zupfen ein paar Pferde das Gras um uns herum ab. Hier oben haben sie viel Platz und können sich ohne Zäune frei bewegen.
Tagsüber ziehen Kühe an uns vorbei. Auch sie weiden hier ohne Zaun. Und gehen abends von selbst zurück nach Hause zu ihrem Stall. Das dürfen wir sogar beobachten, als kurz vor Sonnenuntergang zwei Kühe gemächlichen Schrittes die kleine Landstraße entlang kommen. Eine Kuh bleibt vor dem Tor des kleinen Hofes uns gegenüber stehen und muht laut. Die andere trottet die Straße noch ein Stück weiter. Als sich auf dem Hof gegenüber nichts regt, muht die Kuh noch einmal und schließlich so lange, bis ihr von der Frau des Hauses das Tor geöffnet wird. Am nächsten Morgen wird sie von der Frau wieder rausgelassen. Sie begrüßt ihre Kuh-leginnen und zupft einen weiteren Tag mit den anderen das Gras ab.
Auch ein Hund kommt kurz vorbei um zu sehen, wer wir sind. Doch so plötzlich wie er gekommen ist, so schnell ist er auch schon wieder verschwunden.
Es ist wirklich ein schöner Ort, den wir da gefunden haben. Zwei Tage bleiben wir hier, bevor wir in die Zivilisation zurückkehren.
Unser Ziel, die Scărişoara-Eishöhle ist nur rund 50 Kilometer entfernt mitten im Apuseni-Naturpark. Auf unserem Weg finden wir eine Wasserquelle, an der wir unseren Vorrat wieder auffüllen können. Noch finden wir Wasserquellen, doch die Hitze dieses Sommers lässt sie mehr und mehr schrumpfen.
Der Parkplatz für die Eishöhle ist Teil eines ehemaligen Feldes. Ein bisschen Gras drüberwachsen lassen – fertig. Der Platz ist ziemlich voll. Warum, sehen wir am Eingang der Höhle.
Besuchen kann man die die Höhle nur im Rahmen einer Besichtigung. Diese Idee haben heute noch mehr Menschen – es ist ziemlich viel los. Wir kaufen unser Ticket und warten.
Als es losgeht, steigen wir zusammen mit vielen anderen die 450 Stufen hinab – 48 Meter in die Tiefe. Erst hier sehen wir den riesigen Eingang zur Höhle.
Als wir unten sind, öffnet sich ein riesiger Raum – der „große Saal“. 78 Meter breit und 109 Meter lang. Dahinter liegt „die Kirche“ – der Raum mit den schönsten Eisformationen. Beide Räume sind Teil eines riesigen Höhlensystems und die einzigen, die besichtigt werden können. Die anderen Räume sind den Wissenschaftlern vorbehalten, die das bis zu 26 Meter dicke und bis zu 3.500 Jahre alte Eis erforschen. Denn wir stehen auf einem rund 75.000 Kubikmeter großen unterirdischen Gletscher.
Eine hölzerne Konstruktion leitet die Besucher über das Eis durch die Höhle. Hier am Eingang ist die Oberfläche von Schmelzwasser bedeckt. Draußen ist Sommer und die Temperatur kann dann schon mal über den Gefrierpunkt steigen. Die niedrigste Temperatur im Winter wurde mit -20 Grad Celsius gemessen.
Wir bleiben reichtlich eine halbe Stunde hier unten, bevor wir die 450 Stufen in Angriff nehmen. Wie so oft gehören wir zu den letzten, wir wollen alles in uns aufnehmen. Zurück beim Parkplatz steht Laika inzwischen fast allein auf der Wiese.
Wir überlegen, ob wir nicht einfach hier oben für die Nacht bleiben. Es ist ruhig und es sind nur wenige Menschen da. Am Ende fahren wir doch weiter. Es ist 15:30 Uhr und unser nächstes Ziel liegt rund 140 Kilometer entfernt. In Rumänien sind Schulferien und wir wollen möglichst früh dort sein.
11. – 12. Juli 2022