Wir lesen von einem weiteren, in Europa einzigartigen Naturphänomen – die ewige Flamme. In Rumänien gibt es drei dieser außergewöhnlichen Orte. Wir entscheiden uns für Focurile Vii, rund 50 Kilometer entfernt bei dem Dorf Terca in der Walachei. Und machen uns damit auf eine Fahrt über Straßen und Wege, die dem Bild von Rumänien entspricht, dass sich in unseren Köpfen aus Erzählungen früherer Tage gebildet hat.

Zuerst fahren wir noch ein Stück auf einer gut ausgebauten Straße durch „Hobbiton“ und die ersten Dörfer.

Dann verändert sich die Landschaft und auch die Straße wandelt sich zu einem befestigten Schotterweg.

Die letzten sieben Kilometer bis Terca führen uns über eine unbefestigte Straße mit sehr vielen Schlaglöchern und ohne Ausschilderung. Die Menschen in den Dörfern durch die wir rumpeln, schauen uns ein bisschen an wie Besucher eines fremden Planeten. Vermutlich hat sich hierher noch kein Wohnmobil verirrt. Wäre Laika nur ein wenig größer, wären wir bei dieser Fahrt auch an ihre Grenzen gestoßen. Im Terca selbst verengt sich die kurvenreiche Piste zwischen den Gartenzäunen noch einmal und lässt nur noch wenig Spielraum. Aber wir haben Glück. Kein entgegenkommendes Auto, kein anstrengendes Fahrmanöver. Nach mehreren Stunden Fahrt haben wir die knapp fünfzig Kilometer geschafft und erreichen den Ausgangspunkt für den Besuch der ewigen Flamme.

Laika hat allmählich eine Brauntönung angenommen. Die Fahrt durchs Hinterland war ziemlich staubig. Wir erkennen, dass die Straße dahinter nur noch mit Allrad oder Traktoren befahrbar ist. Das heißt also: den gleichen Weg wieder zurück. Doch das blenden wir erst einmal aus, wir wollen jetzt endlich zu der ewigen Flamme.

ich hatte ein bisschen mehr Motivation, als das Bild vermuten lässt…

Wir überqueren die kleine Brücke über den Fluss und nehmen den Anstieg in Angriff. Zuerst macht alles auch Spaß und wir freuen uns über die Bewegung. Ganz allmählich jedoch verändert sich die Steigung und wir müssen zunehmend steilere Abschnitte bewältigen. Das bringt uns mächtig ins schnaufen.

Die letzten Meter haben es ganz besonders in sich und wir merken sehr deutlich, wie unsere Kondition in den letzten Monaten nachgelassen hat. „Wehe, das lohnt sich nicht“ stößt Silke kurz vor dem angezeigten Punkt heraus und nimmt ein paar kräftige Atemzüge.

Und tatsächlich – die Stelle, an der die ewige Flamme aktiv ist, ist winzig. Auf wenigen Metern Durchmesser liegt die Erde frei, hier wächst kein Grashalm. Erst sehen wir sie gar nicht aber dann erkennen wir die orange-gelben Flammen, die zwischen kleinen Spalten aus der Erde züngeln.

Die lebenden Flammen funktionieren ähnlich wie die Schlammvulkane. Aus der Erde austretende Gase entzünden sich selbst durch die Reibung mit dem Boden. Scheint die Sonne wird dies noch unterstützt. Die Flammen brennen kontinuierlich, auch im Winter. Bei Regen kann es passieren, dass sie für eine Zeit verlöschen. Sie entzünden sich aber wieder, sobald sich das Wetter bessert. Wird eine Öffnung verstopft, sucht sich das Gas neue Wege und brennt an einer anderen Stelle weiter.

Wie alt das „lebende Feuer“ ist, konnte wissenschaftlich noch nicht bestimmt werden aber man nimmt an, dass sie die Überbleibsel von Vulkanausbrüchen sind. Ihre Flammenhöhe kann zwischen 20 Zentimetern und einem Meter variieren. Je höher die Flammen sind, desto stärker ist die seismische Aktivität im Boden. Bei unserem Besuch sind sie sehr klein – es scheint also alles ruhig zu sein.

Wir sind bestimmt eine dreiviertel Stunde bei den Flammen, machen Fotos und staunen, was die Natur hier inszeniert hat. Und wir wären nicht in Rumänien, wenn es dazu nicht auch eine Legende gäbe:

In der Nähe eines Dorf bauten die Menschen einen Brunnen, dessen Wasser so kalt und erfrischend war, dass ein Schluck aus ihm jede Krankheit heilte. In der Nähe dieses Dorfes lebte eine Bestie mit mehreren Köpfen. Der Blick in Ihre großen roten Augen ließ jeden ins tiefste Mark gefrieren. Aus Ihren Nüstern spuckte es Feuer, dass alles zu Asche verbrannte. Eines Tages machte sich ein tapferer Man auf, die Bestie zu besiegen. Ihr Kampf fand nahe des Brunnens statt. Zwei Tage und Nächte kämpften sie unermüdlich und hielten nur inne, um aus dem Brunnen zu trinken. Schließlich trieb der Mann die Bestie immer höher in die Berge, wo er ihr letztlich die Köpfe abschlug. An den Stellen, an denen sie zu Boden stürzten, kommt aus ihren Nüstern noch heute unaufhörlich Feuer.

Als wir uns von den Flammen lösen, nehmen wir die Landschaft um uns herum, erst so richtig wahr. Wir sind in der Walachei, die wir eher durch den Spruch kennen „du kommst wohl aus der Walachei?“ oder „ich schick dich in die Walachei“. Gemeint ist damit eine abgelegene Region, in der man nichts mitbekommt von der Welt da draußen.

Dabei heißt Walachei nichts anderes als „das Land der Walachen“. Walachen wiederum ist eine Sammelbezeichnung für romanisch sprechende Bevölkerungsgruppen in Südosteuropa. Die Walachei ist der südlichste Teil Rumäniens, in dem nicht nur Vlad III. Drăculea im 15. Jahrhundert herrschte, sondern in der sogar die Hauptstadt Bukarest liegt – unser nächstes Ziel.

Wir wollen noch ein wenig laufen und nehmen einen anderen Weg zurück zu Laika.

Danach fahren wir die sieben Kilometer Feldweg zurück bis nach Berca. Hier finden wir einen Stellplatz direkt am Fluss. Und belohnen uns für diesen Tag mit rumänischem Bier.

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Zu späterer Stunde erhalten wir noch kurzen Besuch. Ihr hat es gereicht, ein wenig Futter zu bekommen. Danach war sie schnell wieder verschwunden.

12. Juni 2022