17. – 18. April 2022
Am Morgen verabschieden wir uns von unserer Zufallsbekanntschaft und starten weiter Richtung Küste. Zuerst Richtung Saranda, dann immer nach Norden. Wir wollen gern wieder am Meer stehen und schauen uns in der App park4night ein paar Stellplätze an.
Für den ersten Stellplatz müssen wir ein paar Meter über eine Ruckelpiste fahren, um ans Meer zu kommen. Dann weiter entlang einer Betonmauer, denn auf der Karte ist der Stellplatz dahinter. Jetzt aber nicht mehr. Das Meer hat ihn solange zermürbt, bis die Stellfläche abgerutscht ist. Also wieder retour. Erst rückwärts entlang der Betonmauer, dann wenden auf ein paar Metern, die so lang sind wie unsere Laika. Immer wieder sind wir dankbar für ihren kurzen Radstand und ihre Bodenfreiheit. Zurück über die Ruckelpiste auf die Schnellstraße.
Der nächste Platz ist offizielles Ferienparadies. Doch im Moment liegen hier eingestürzte Bretterbuden, vermutlich von den Unwettern des vergangenen Winters. Es gibt ein paar Albaner, die mit dem aufräumen begonnen haben, aber für uns fühlt sich dieser Ort so gar nicht nach übernachten an.
Wir suchen in der App und sehen „Porto Palermo“. Ein bisschen Sizilien mitten in Albanien denken wir und fahren schnurstracks dahin.
Inmitten der Bucht von Porto Palermo liegt eine kleine Halbinsel mit einer Festung. Der Verbindungsweg zur Halbinsel ist als Badestrand und sogar offiziell für Camper ausgewiesen. Zwar gibt es keine Dienstleistungen aber hier gefällt es uns und wir bleiben für diese Nacht. Nur wenige Meter an der Hauptstraße liegt ein Restaurant, dass wir dann auch gleich besuchen.
Am nächsten Morgen gehen wir die wenigen Schritte zur Festung, zahlen unsere 600 LEK Eintritt (rund 5 EUR für beide) und betreten – Dunkelheit. Es gibt nur wenige Schießscharten und noch weniger Fenster, durch die Licht eindringen kann. Unsere Augen brauchen erst einmal ein paar Augenblicke, bis wir die Umgebung erkennen. Durch die dicken Festungsmauern ist es vermutlich sogar im Hochsommer angenehm kühl.
Ich mag Dunkelheit nicht sonderlich, und wir haben nur das unbeholfene Licht der Handys, also schicke ich Silke vor, die Räume zu inspizieren, bevor ich ihr hinterher laufe. Der Grundriss der Festung ist dreieckig mit drei runden Eckstationen. Sie ist auch nicht sehr groß, jeder Raum kann von einem Rondell in der Mitte aus betreten werden. In dessen Zentrum wartet der ältere Herr vom Eingang auf uns, um uns die Geschichte der Festung zu erzählen.
Porto Palermo wurde vermutlich Anfang des 19. Jahrhunderts im Auftrag von Ali Pascha Tepelena errichtet. Er war der Herrscher über Südalbanien, Epirus, Thessalien und das südwestliche Makedonien. Wegen seiner zahlreichen kampferprobten Soldaten und seinen militärischen Erfolgen wurde er auch der „Löwe von Ioannina“ genannt. Das brachte ihm die Gunst des Sultans in Konstantinopel ein. Als er jedoch mit Aufständischen der griechischen Unabhängigkeitsbewegung paktierte, wurde er vom Sultan geächtet und in seinem Auftrag im Februar 1822 ermordet. Sein Vermächtnis ist jedoch bis heute zu spüren, denn er wird noch immer als wichtige Persönlichkeit der albanischen Geschichte geehrt und bewundert.
Auch während der Herrschaft Enver Hoxhas wurde die Festung Porto Palermo als militärische Basis genutzt. Noch heute kann man über jedem Durchgang in roter Farbe die Nutzung des dahinterliegenden Raumes lesen. Ein Stück entfernt von der Festung liegt ein ehemaliger U-Boot-Bunker des albanischen Militärs. Er ist mehr als 650 Meter lang und 12 Meter hoch und noch immer militärisches Sperrgebiet. Von der daran vorbeiführenden Schnellstraße erkennen wir die heute dort stationierten Patrouillenboote, U-Boote sind jedoch nicht mehr zu sehen.
Nach diesem Ausflug in die Geschichte erhalten wir von dem älteren Herrn noch eine Vorstellung albanischer Folklore. Seit 40 Jahren ist er Mitglied im hiesigen „Gesangsverein“ und blickt auf eine erfolgreiche Sangeskarriere zurück. Sogar im Ausland sei er schon gewesen, um die albanische Tradition mit der Welt zu teilen. Als er seine Stimme erhebt, wirft das Gewölbe über uns die Töne zurück und verstärkt so die beeindruckende Darbietung.
Vom Dach der Festung haben wir einen schönen Ausblick auf die Bucht um uns herum.