20. – 24. April 2022
Vlora liegt an der Straße von Otranto, der engsten Stelle der Adria und war nach der Unabhängigkeitserklärung vom osmanischen Reich 1912 kurzzeitig die Hauptstadt Albaniens. Der Hafen der Stadt ist der zweitgrößte des Landes, hat aber in den letzten Jahren enorm an Bedeutung verloren. Von hier verkehren Fähren nach Brindisi in Italien, dass nur 90 Kilometer entfernt ist.
Irgendwie mögen wir es immer mehr, in der Natur zu sein. Zwar haben Stadtbesichtigungen auch ihren Reiz, die Eindrücke sind jedoch manchmal auch etwas zu viel. So laufen wir noch eine Runde am Vlora-Strand, bevor wir in den nächsten Nationalpark fahren.
Der Nationalpark Divjaka-Karavasta liegt knapp 100 Kilometer nördlich von Vlora am Adriatischen Meer. Die Karavasta-Lagune ist eine der größten des Mittelmeeres und die größte in Albanien. Ein Sandstreifen, entstanden durch Sedimentablagerungen der Flüsse Shkumbin im Norden und Seman im Süden trennt sie von der Adria. Und auch sie wird von den Ramsar-Konventionen als Gebiet mit besonderer Bedeutung geschützt.
Wir stellen uns auf den Parkplatz des Hotels „Divjaka-Resort“, das zu dieser Jahreszeit noch sehr leer ist. Bemerkenswert ist, dass die drei mit uns parkenden Autos allesamt Mercedes´ sind. Ihr erinnert Euch? Mercedes ist hier DAS Auto. Egal welches Alter und manchmal auch Zustand – der Stern muss sein.
Vom Hotel führt ein schmaler Steg ans Meer. Links und rechts des Steges stehen Fischer und halten ihre Angeln ins Wasser. Ein Stück entfernt ist eine Senknetz-Vorrichtung installiert. Diese Form der Fischerei finden wir vor allem in den Lagunen sehr häufig. Das Senknetz wird ins flache Wasser abgesenkt und einige Zeit später zügig wieder hochgezogen. Und alles, was sich verfängt, wird so an die Oberfläche gebracht.
Diese Krabbe hatte Glück. Sie konnte dem ganzen entfliehen.
Auf dem letzten Stück bis zum Strand piesacken uns kleine Fliegen, die unaufhörlich um uns herumfliegen und in jede sich bietende Höhle krabbeln. Unser einziger Schutz sind Tücher und Sonnenbrillen – und kräftig pusten.
Als nächstes steigen wir auf den Turm des Informationszentrums im Nationalpark. Erst von hier oben erkennen wir, wie groß er ist. Und wir sehen elegant über die Lagune gleitende Pelikane.
Die Lagune ist ein wichtiger Rastplatz für Zugvögel auf ihrem Weg nach Süden bzw. Norden. Besondere Bedeutung erhält sie als Nistplatz des seltenen dalmatinischen Pelikans, von dem fünf Prozent der weltweiten Gesamtpopulation in der Lagune lebt.
Einen davon treffen wir, als wir vom Turm wieder herunterkommen. Es ist Johnny, der sich vor ein paar Jahren am Flügel verletzt hat und seitdem nicht mehr fliegen kann. Seinen neuen Job als Maskottchen des Nationalparks erfüllt er mit Eleganz und sehr viel Charme.
Wir fahren weiter nach Berat, die auch die „Stadt der tausend Fenster“ genannt wird. Sie gilt als eine der schönsten Städte Albaniens und trägt den Titel UNESCO Weltkulturerbe.
Wir kommen auf dem Riverside Camping unter, der sich für den Besuch der Stadt wunderbar eignet. Es ist der Vorgarten einer albanischen Familie, die sich sehr aufmerksam um ihre Gäste kümmert. So bekommen wir nicht nur einen Obstteller als Willkommensgeschenk, auf unsere Frage nach einem Frisör in der Nähe, werden wir sogar persönlich zum Salon begleitet.
Dieser Besuch ist dann auch ein Erlebnis für sich. Als Gäste werden wir bevorzugt behandelt und ich befürchte, dass eine Albanerin mit Termin sogar wegen uns warten muss. An diesem Tag sind wir eindeutig die Attraktion des Ladens. Jede der anwesenden Frauen – ob Kundin oder Angestellte – ist bestrebt, unsere Wünsche erst zu verstehen und dann umzusetzen. Mit der Schere Hand anlegen darf jedoch nur die Chefin – für Haare waschen, föhnen und in Form bringen sind die Angestellten zuständig.
Jetzt sind wir bereit für neue Erkundungen und laufen hinauf zur Burg von Berat. Die heutige Anlage geht auf römische und byzantinische Vorgängerbauten zurück, die heute noch bestehenden Gebäude wurden größtenteils im 13. Jahrhundert errichtet. Sie werden von schmalen, gepflasterten Gassen durchzogen, deren Steine von tausenden Füßen blankpoliert sind. Zum Glück hat es nicht geregenet, sonst wäre das laufen sicher rutschiger geworden.
Je weiter wir uns von den Restaurants und Geschäften am Eingang der Burg entfernen, umso verlassener wirken die Häuser und umso enger werden die Gassen. Aber so eng, dass ein Mercedes nicht mehr durchpasst, werden sie dann doch nicht.
Da die Grundfläche der Festung ungewöhnlich groß ist, fanden im Mittelalter nicht nur alle Einwohner Berats in ihren Mauern Platz, sondern auch 20 Kirchen und eine Moschee – von denen heute aber nur Ruinen übriggeblieben sind.
Vom Aussichtspunkt der Burg haben wir einen großartigen Blick über Berat und den Fluss Osum.
In schriftlichen Quellen wird Berat erst im 9. Jahrhundert erwähnt, Ausgrabungen haben aber bereits steinzeitliche Siedlungen in diesem Gebiet 2.600 Jahre vor Christus belegt. Der Name der Stadt, der sich von der slawischen Bezeichnung für „schöne Stadt“ ableiten lässt, ist seit dem 11. Jahrhundert nachweisbar.
Heute prägen die osmanischen Wohnhäuser mit ihren roten Häusern das Stadtbild. Sie wurden nach einem Erdbeben 1851 neu errichtet und gefallen uns sehr. Gezählt haben wir sie nicht, aber an diesen Bildern ist gut zu erkennen, warum Berat die Stadt der tausend Fenster genannt wird.
Über die Brücke von Gorica gelangen wir vom Stadtteil Mangalem zum Stadtteil Gorica – dem sie ihren Namen verdankt. Es ist eine osmanische Steinbogenbrücke aus dem Jahr 1780. Während ihres Bestehens hat sie bereits einiges erlebt: Einsturz während einer Überschwemmung im Jahr 1888, starke Beschädigungen im ersten Weltkrieg und erneute Schäden durch ein zu schweres Rohr, dass den Stadtteil Gorica mit Trinkwasser versorgt hat. 2011 wurde die Brücke endgültig für Fahrzeuge gesperrt und 2014 saniert.
Auch bei dieser Brücke besagt die Legende, dass für ihren Bau ein Mädchen geopfert werden musste um die Flussgeister zu besänftigen. In einer Mauernische gefangen, sollte sie den Hungertod erleiden. Nachzuweisen ist diese Legende nicht, doch fand man bei den Sanierungsarbeiten im ersten Pfeiler eine entsprechende Nische, die dann mit Baumaterial ausgefüllt wurde. An einem anderen Pfeiler jedoch wurde eine Holzskulptur entdeckt, die den Kopf einer Frau darstellt.