Wir haben uns eine Winery ausgesucht, um den nordmazedonischen Wein zu kosten. Laut unserer App gibt es einen Stellplatz direkt an der Winery „Popova Kula“ in Demir Kapija. Rund zwei Stunden Fahrt sind es bis dahin, das ist ein gemütlicher Tagesabschnitt. Je näher wir kommen, desto ländlicher wird die Gegend – Weinfelder soweit das Auge reicht. Der markante Turm des Gebäudes grüßt uns schon von weitem. „Popova Kula“ ist nicht nur eine Winzerei sondern auch Hotel und Restaurant. Um diese Uhrzeit sind nur wenige Besucher da, einzig ein weiteres Paar hat es sich auf der überdachten Terasse des Restaurants gemütlich gemacht.

Winery Popova Kula

Wir bestellen uns jeweils einen Salat und auch nur ein Glas Wein, denn es zeichnet sich ab, dass wir hier nicht bleiben werden. Irgendwie überzeugt uns der Ort dann doch nicht. Wie so oft nehmen wir unser Handy zur Hand und schauen, welche Stellplätze es alternativ noch gibt. Und wir bleiben hängen an einem Kloster rund 1,5 Stunden entfernt.

Am Wein haben wir nur genippt.

Das Kloster Lesnovo liegt abseits der großen Straßen und lockt uns schon deshalb sehr an. Aus den angezeigten 1,5 Stunden Fahrt wird dann aber doch mehr, da der Weg uns auf schmalen Straßen durch viele kleine Ortschaften führt. Das letzte Stück schlängelt sich dann aus der Ebene am Hang des Berges Osogovo hinauf auf rund 870 Meter. Als wir oben ankommen, parken wir auf dem Parkplatz vor der dortigen Ausflugsgaststätte. Vermutlich ist es sogar der einzig mögliche Parkplatz des kleinen Ortes.

Das heutige Kloster wurde 1341 gegründet vom Despoten Jovan Oliver Grčinić, dem das umliegende Gebiet gehörte. Die Ursprünge reichen jedoch noch weiter in die Vergangenheit. Bereits im 11. Jahrhundert lebte Gabriel von Lesnovo, ein bulgarischer Einsiedler, auf dem Berg Osogovo. Ihm schlossen sich weitere Brüder an, wodurch sich das Kloster Lesnovo gründete. Ob es sich dabei um das Kloster an der heutigen Stelle handelt oder ob es in der Nähe der Einsiedelei entstand, ist nicht bekannt.

Wir ziehen uns jeweils einen der Röcke an, die am Eingang des Klosters bereit liegen und bummeln durch den Innenhof. Es ist niemand zu sehen, so dass wir auf eigene Faust die kleine Kapelle und die angrenzenden Wirtschafts- und Wohngebäude erkunden. Hier oben herrscht eine fast schon himmlische Ruhe, die wir sehr genießen. Das Kloster scheint ein beliebtes Ausflugsziel zu sein, doch um diese Zeit gehört es uns allein.

Der Berg Osogovo und damit auch das Kloster liegt inmitten eines erloschenen Vulkans. In den Bergflanken haben sich im Laufe der Jahrtausende Höhlen gebildet, in denen Gabriel von Lesnovo im 11. Jahrhundert schließlich seine Einsiedelei gründete. Heute kann man diese Höhlen besichtigen und erhält einen Eindruck vom kargen Leben der Mönche.

Von der einstigen Ausstattung ist heute nichts mehr erhalten. Während Silke tief in die Höhlen hinein und entlang der Gänge deren Inneres erforscht, bleibe ich lieber dort, wo es noch hell ist und ich meine Umgebung sehen kann.

Am meisten fasziniert hat uns dann aber die Aussicht. Denn die Ebene unter uns bietet viel Raum zum schauen.

19. – 20. Mai 2022