Von den Steinbrücken fahren wir weiter Richtung Meteora. Die ersten Kilometer geht es noch auf und ab durch die Berge, bevor sich ein breites Tal öffnet aus dem sich plötzlich wie aus dem Nichts bis zu 600 Meter hohe Sandsteinfelsen erheben. Und wir fühlen uns ein bisschen an unser Elbsandsteingebirge erinnert. Genau unterhalb dieser Felsen liegen die Stadt Kalambaka und das Dorf Kastraki.

Von hier unten sehen wir noch nicht viel von den berühmten Wolkenklöstern, deshalb fahren wir hinauf für einen ersten Überblick. Waren die Klöster früher nur schwer zu erreichen, sind sie heute über mehrere Straßen gut angebunden.

Unser erster Halt ist am Meteora Sunset Point, der wohl beliebtesten Parknische hier. Es passen fünf oder sechs PKW auf den kleinen Platz. Als wir ankommen, stehen schon zwei Wohnmobile da. Übernachten ist im gesamten Gebiet der Klöster nicht gestattet und wir haben gelesen, dass die Polizei hier auch regelmäßig in der Nacht patroulliert und die Camper vertreibt.

Wir lassen die Szenerie auf uns wirken. Der Sonnenuntergang ist uns nur sehr verhangen vergönnt, aber wir genießen es dennoch sehr. Und als dann so langsam die Tagestouristen weiterziehen, wird es ruhig und wir können uns gut vorstellen, warum die Mönche und Nonnen sich für diesen Ort entschieden haben.

Für uns ist klar, dass wir hier ein paar Tage bleiben wollen und wir überlegen lange, ob wir auf dem Parkplatz am Sunset Point stehen bleiben. Es ist sehr verlockend. Am Ende entscheiden wir uns aber für einen Stellplatz in Kalambaka und dafür, am nächsten Morgen zum Sonnenaufgang wieder bei den Klöstern zu sein.

Der Stellplatz liegt mitten in einem Wohngebiet. Und wir sind sehr erstaunt, als plötzlich Lichter angehen, die die Felsen nachts erhellen. An diesem Abend sitzen wir die meiste Zeit im Cockpit und lassen die grauen Riesen auf uns wirken.

Wir schaffen es tatsächlich, am nächsten Morgen kurz vor Sonnenaufgang am ersten Kloster zu sein. Und wir sind zu dieser Stunde fast allein. Auf den Parkplätzen haben einige Camper übernachtet, doch auch dort ist noch niemand zu sehen.

Die ersten, die die Felsen von Meteora nutzten, waren orthodoxe Einsiedlermönche. Sie suchten im 9. und 10. Jahrhundert in den Felshöhlen Ruhe und Isolation. Die Einheimischen, die sie als heilige Männer ansahen, versorgten sie mit Holz, Lebensmitteln und Kleidung.

Im 12. Jahrhundert versammelte ein Mönch namens Nilos die verstreut lebenden Mönche in einer Gemeinschaft. Er stellte Regeln auf, die von den Mönchen zu befolgen waren. Mittelpunkt dieser Gemeinschaft war die Kapelle von Doupiani, an der sich die Mönche jeden Sonntag zum Gottesdienst trafen.

Im 14. Jahrhundert kletterte der Mönch Athanasios auf den zweithöchsten der Felsen und begann dort mit der Errichtung der ersten Klostergemeinschaft. Damit begründete er das Klosterleben in der Region, in deren Folge 24 Klöster entstanden. Nur sechs werden heute noch bewohnt, 18 sind nur noch Ruinen oder sehr schwer zugänglich.

Diese sechs bewohnten Klöster sind für Besucher offen. Jedes ist je nach Jahreszeit an einem oder mehreren Tagen geschlossen. Sie sind jedoch so „abgestimmt“, dass mindestens ein Kloster immer geöffnet ist.

Nachdem wir etwas Zeit auf dem Felsen gegenüber Agion Panton (Allerheiligen) verbracht haben, wollen wir es uns jetzt auch von innen anschauen. Die Regeln besagen, dass die Klöster nicht mit kurzen Hosen oder unverhüllten Schultern zu betreten sind. Kurze Röcke oder Hosen bei Frauen sind mit einem Tuch zu bedecken. Wir haben kein Tuch oder Schal dabei und finden die Idee gut, bei dem etwas lustlosen Herrn am Eingang zwei der mit Blumen bedruckten Tücher zu erwerben.

Das Kloster ist heute über eine in den Fels gehauene Treppe gut zu erreichen. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts waren die Klöster nur mit Hilfe eines Seilzugs oder über Strickleitern zu erreichen. Wie das funktionierte, können wir uns im kleinen Museum in einem alten Film anschauen. Alle Lebensmittel, Baustoffe und sogar die Mönche wurden mit dem Seilzug auf den Felsen heraufgezogen.

Die Vorrichtungen dazu sind heute noch vorhanden und zum Teil in Gebrauch. Im Kloster finden bei unserem Besuch umfangreiche Baumaßnahmen statt und die Werkzeuge und Baustoffe werden über den Seilzug in das Kloster gebracht. Früher angetrieben mit Muskelkraft, heute mit Hilfe eines Stromgenerators.

Modisch gekleidet macht sich Silke ans Werk.

Für die Mönche sind die Wege heute sehr viel einfacher. Jedes Kloster hat eine Seilbahn mit einer kleinen Kabine, in der sie bequem rein und wieder raus kommen.

Das zweite Kloster – Megalou Meteorou oder Metamorphosseus – ist das größte und älteste der heute noch bewohnten Klöster. Es hat bei unserem Besuch geschlossen. Hier hat Athanasios das Klosterleben auf den Felsen begründet.

Am beeindruckendsten sind für uns jedoch die imposanten Ausblicke auf die Umgebung. Von jedem Kloster sieht die Welt hier oben etwas anders aus.

Blick auf Meteorou und Roussanou

Wir verbringen die meiste Zeit damit, die Gegend zu bestaunen und oft stehen wir einfach nur da und schauen. Das ist immer wieder das größte Geschenk, dass wir haben – die Zeit.

Agios Stéphanos

Agios Stéphanos ist heute ein Frauenkloster. Es ist am einfachsten über eine kleine Brücke zu erreichen. Dadurch tummeln sich in seinen Mauern auch einige Touristen.

Agios Stéphanos

Die aus unserer Sicht imposantesten Anlagen sehen wir jedoch erst am zweiten Tag.

Das Kloster Agios Antónios wurde direkt in den Fels gehauen. Als wir den Weg weitergehen, sehen wir anhand alter Holzkonstruktionen, wie die Mönche früher in den Höhlen gelebt haben müssen. Das fasziniert uns fast noch mehr als die gut erhaltenen Klosteranlagen auf den Felsen. Wir sehen noch Überreste von Holzleitern, mit deren Hilfe die Höhlen miteinander verbunden waren. Und wir fragen uns, wie die Mönche das alles geschafft haben.

Nicht weit vom Ágios Antonios befindet sich das Kloster Ágios Nikólaos Bándovas. Es verschmilzt so mit dem Felsen, dass es fast natürlich erscheint. Die meisten Anlagen könnten früher so oder so ähnlich ausgesehen haben. In einigen Felshöhlen und auf einer Felsspitze haben wir noch Überreste von Steinmauern entdeckt.

Ágios Nikólaos Bándovas
Mit dem Fels verschmolzen.
Wir haben uns nicht getraut zu klingeln. Aber im obersten Stockwerk war ein Fenster offen. Es war wohl jemand zu Hause.
Diese in den Fels gehauene Treppe führte früher zu der Höhle. Vermutlich war dies der Beginn der heutigen Anlage.

Nicht weit entfernt finden wir noch eine Höhle, in der sich aus Steinen und Lehm gebaute Unterkünfte befinden. Dies zu sehen, hat uns noch einmal gezeigt, wie das Leben in den Höhlen ausgesehen haben muss. Diese Höhle ist sehr leicht erreichbar und wird heute als Stallung genutzt.

Übrigens treffen wir hier auch James Bond wieder. Einige kurze Szenen aus „In tödlicher Mission“ mit Roger Moore wurden hier gedreht. Und auch Tyrion Lannisters Gefängnis auf der Festung Hohenehr in „Game of Thrones“ befindet sich in Meteora.

29. – 31. März 2022