15. – 16. April 2022

Wir wollen wieder zurück an die Küste, um dann weiter gen Norden zu fahren. Das bedeutet, dass wir erst einmal die ganze Strecke zurück nach Gjirokastra und dann weiter nach Saranda fahren müssen. Querverbindungen existieren bisher noch nicht oder sind erst in Arbeit. Wir finden es sogar ganz gut, denn die Fahrt eröffnet uns wieder neue Perspektiven auf bereits gesehenes.

Albanien war viele Jahrzehnte von der Aussenwelt nahezu isoliert. Enver Hoxha (sprich Hodscha), von 1944 bis 1985 Generalsekretär der Partei der Arbeit Albaniens, hat seine Landsleute in einer kommunistischen Diktatur unterdrückt. Viele albanische Familien haben ein oder mehr Familienmitglieder verloren, manche wissen bis heute nicht, was mit ihrem Bruder, dem Onkel oder der Schwägerin passiert ist. Bis zu 10.000 Albaner starben während der Gewaltherrschaft, jeder Dritte wurde verfolgt.

War Enver nach dem Zweiten Weltkrieg zuerst stark mit der damaligen Sowjetunion verbunden, brach er den Kontakt ab, als dort nach Stalins Tod politisches Tauwetter aufzog. Er wandte sich den Chinesen unter Mao Tse-Tung zu und blieb ihr Verbündeter bis zu dessen Tod 1976. Danach führte er seine Landsleute in die totale Isolation. Von allen Seiten fühlte er sich und seine Landsleute bedroht und verordnete, überall im Land Bunker zu errichten. Jeder Albaner sollte im Fall eines Angriffs Zuflucht in einem dieser Bunker finden.

700.000 dieser Betongebilde waren geplant, rund 176.000 davon stehen im gesamten Land. Wir haben sie an den unmöglichsten Stellen gesehen. In der Nähe von Bergdörfern ebenso wie am Strand oder mitten im Wald. Sogar im Vorgarten einiger Häuser haben wir die wie Pilze aussehenden Bunker gesehen.

Die Albaner mögen diese Bunker verständlicherweise nicht, verbinden Sie damit doch unsagbares Leid. Doch die massive Bauweise macht es schwer bis unmöglich, sie zu zerstören. Also überlässt man sie größtenteils sich selbst oder nutzt sie als Viehstall oder Vorratskammer.

Einige Albaner jedoch haben in diesem außergewöhnlichen Teil ihrer Geschichte auch etwas positives gefunden. Vor allem Touristen sind heute an den skurillen Gebilden interessiert. Und so gibt es zum Beispiel ein Bunker-Hotel in der Hauptstadt und ein Tattoostudio kurz vor den albanischen Alpen.

Kurz vor Gjirokastra halten wir am Viroi-Park, einem beliebten Ausflugsziel nicht weit entfernt von der Stadt. Der See ist spiegelglatt und so klar, dass wir die Flora unter der Wasseroberfläche gut erkennen können.

Wir folgen dem Schild, dass für Tauchgänge in die Viroi-Höhle wirbt. Und stehen unverhofft wieder vor einer Karstquelle, aus der unaufhörlich eine große Menge Wasser an die Oberfläche strömt. Später erfahren wir, dass die Quelle im Winter und Frühjahr voller Wasser ist, während sie im Sommer ausgetrocknet sei.

Die Viroi-Quelle ist ein sogenannter Quelltopf, über den ein unterirdisches Gebiet entwässert wird. In der ganzen Gegend befinden sich unterirdische Karstgefäße, die zum Teil miteinander verbunden sind. Bei Regen oder Schneeschmelze fließt Wasser von der Oberfläche in diese unterirdische Karstgefäße ab. Dann strömt es unterirdisch weiter, bis es an dem Quelltopf wieder an die Oberfläche kommt. Tauchen scheint aktuell nicht möglich zu sein, die Anlage sieht sehr verlassen aus. Wir haben aber ein Tauch-Video auf Youtube gefunden, dass wir hier verlinken.

Vor ein paar Jahren hat zudem eine polnische Fotografin und Taucherin Fotos in der Viroi-Höhle gemacht. Diese Fotos, zusammen mit Fotos aus anderen Höhlen sehr Ihr hier. Um welche Höhle es sich handelt, ist auf jedem Bild vermerkt.

Der Viroi-See hat im Moment richtig viel Wasser. Und der Frühling hat sich grün, satt und mit farbigen Blumentupfern auf die Landschaft drumherum gelegt. Die Sonne verstärkt das alles noch und lässt die Farben noch viel intensiver leuchten.

Gut, dass wir noch einmal zurückfahren mussten, denn dieses Naturerlebnis hätten wir sonst verpasst.

Auch hier im und am See leben Frösche und Schildkröten. Aber sie lassen sich nur sehr ungern fotografieren.

Wie viel Wasser aus der Quelle fließt, erkennen wir erst so richtig, als wir dem abfließenden Strom folgen.

Irgendwann reißen wir uns wieder los und fahren weiter Richtung Saranda. Die Straße führt in Serpentinen den Berg hinauf. Von hier oben haben wir noch einmal einen Überblick über die riesige Dropuli-Ebene.

Kurz nach dem Blue Eye biegen wir von der Straße ab und fahren noch ein Stück ins Land. Irgendwo im Nirgendwo ist unser Schlafplatz für die Nacht.

Dort angekommen freunden wir uns mit der Revierkatze an.