Wir sind früh losgefahren denn unser Parkplatz liegt direkt in der Einflugschneise der Matka-Schlucht. Die Straße ist an ihrer schmalsten Stelle gerade so breit wie ein Reisebus. Ein paar davon kamen am Vortag an und verstärkten noch das bunte Durcheinander der an- und abfahrenden Besucher. Um gar nicht erst in Bedrängnis zu geraten, haben wir den Platz dann auch schon vor dem Frühstück verlassen. Normalerweise lassen wir uns Zeit mit dem Tagesstart. Kaffee im Bett mit etwas lesen oder schreiben – ausgiebig frühstücken und den nächsten Stopp recherchieren – losfahren. Wir haben keine Route, keinen strikten Fahrplan. Wir suchen meist vor Ort, was wir als nächstes ansehen wollen und recherchieren dann einen Stellplatz in der Nähe. Sehr oft erhalten wir auch Tipps von Menschen, denen wir auf dieser Reise begegnen. Heute geht es zum Ohridsee ein Stück weiter südlich.
Überall in Nordmazedonien sehen wir die Staatsflagge. Wie auf dem Bild als riesige Fahne über der Autobahn, oder auch überdimensional an einen Brückenpfeiler gemalt. Diese Fahne war schätzungsweise 40 Meter hoch.
Die Strecke fahren wir in einem Rutsch ohne groß anzuhalten. Deshalb gibt es jetzt nur ein paar Impressionen von unterwegs.
Schließlich erreichen wir den Ohridsee. Nahe der Stadt Ohrid finden wir Platz auf dem Camping Rino – es ist wieder einmal Zeit für die große Wäsche.
Der erste Blick auf den See lässt uns glauben am Meer zu sein. Mit seinen 349 Quadratkilometern ist er der zweitgrößte See der Balkanhalbinsel und sogar einer der ältesten der Erde. Bevor wir jedoch die Aussicht genießen, füllen wir zuerst die Waschmaschine.
Als wir ankommen, sind nur wenige Camper da, so das wir einen Platz direkt am Seeufer beziehen. Doch die Ruhe findet ein jähes Ende, als auf einmal ein Konvoi von rund 15 Wohnmobilen ankommt. Eng nebeneinander reihen sie sich hinter uns auf. Wie auf Kommando öffnen sich die Türen und die Insassen klettern aus ihren Autos. Sie haben keinen Blick für die anderen Camper und bleiben unter sich. Ein Herr jedoch bleibt kurz stehen als wir ihn fragen, was es mit der Armada auf sich hat. Es ist eine organisierte Wohnmobilreise. Dabei fährt man mit seinem eigenen Wohnmobil, wird aber von einem Tourguide begleitet. Quasi Busreise ohne Bus, sondern mit Wohnmobil. „Ich bin allein“ sagt der Mann „und ehe ich zu Hause versauere, habe ich mir diese Tour gebucht. Dann bin ich mit meinem eigenen zu Hause unterwegs und kann mich auch mal zurückziehen. Und ich muss mich um nichts kümmern. Route und Campingplätze sind bereits organisiert.“ Auch wenn das im Moment für uns nicht vorstellbar ist, finden wir dieses Angebot grundsätzlich gut.
Direkt an unserem Campingplatz lebt eine Schwanenfamilie mit ihren drei Jungen. Sie schwimmen immer in der Nähe des Ufers und zupfen mit ihren langen Hälsen die Gräser vom Seeboden. Sie machen einen entspannten Eindruck, doch vor allem der Schwanenvater ist sehr wachsam. Er behält das Ufer stets im Blick, um seine Familie zu schützen. Als einer unserer Nachbarn ins Wasser geht, ist er zu nah an der Familie. Mit einem deutlichen fauchen und ausgebreiteten Flügeln warnt der Vogel den Eindringling, es sich noch einmal zu überlegen. Als das nichts nützt, stürmt er bedrohlich auf den Mann zu. Der ist nicht schnell genug und erlebt eine heftige Attacke. Mehrfach wird er vom Schnabel des Tieres an seinem Oberkörper getroffen. Sichtlich schockiert tritt der Mann eilig den Rückweg an, bis der Schwan von ihm ablässt. Zum Glück bleibt er weitgehend unverletzt.
Am nächsten Tag verschwindet der Wohnmobil-Konvoi so schnell wie er am Abend zuvor angekommen ist. Ich nutze die sich ausbreitende Ruhe, um weiter am Blog zu schreiben. Der hängt uns ganz schön hinterher. Aber ich habe nicht immer Zeit oder Muse weiterzuschreiben. Reisen – wie wir es tun – kann auch sehr anstrengen. Fast jeden Tag begegnen wir neuen Situationen. Vor allem die Suche nach den abendlichen Stellplätzen fordert uns immer wieder. Auch wenn wir in der App schon viele Informationen zu den Plätzen bekommen, ist es am Ende immer unser Bauchgefühl, dass über „ja“ oder „nein“ entscheidet.
Auf so einem Campingplatz dagegen lässt es sich gut entspannen. Wir stehen in einem geschützten Raum und sind umgeben von anderen Campern. Auf das frei stehen wollen wir aber keinesfalls verzichten.
15. – 17. Mai 2022