Knapp 140 Kilometer nördlich von Bukarest liegt der Ort Sinaia. Hier befinden sich zwei Schlösser des rumänischen Königshauses: Peleș und Pelișor. Beide werden uns sehr für eine Besichtigung empfohlen.
Das Rumänien eine Königsfamilie hat, haben wir nicht gewusst. Wie so vieles, dass wir erst hier über dieses Land erfahren.
Das Königreich Rumänien existierte von 1881 bis 1947 und brachte in dieser Zeit vier Könige hervor.
Zuvor war Rumänien ein Fürstentum, gebildet aus der Vereinigung der Donaufürstentümer Walachei und Moldau im Jahr 1859. Der erste rumänische Fürst – Alexandru Ioan Cuza – wollte das Land nach französischem Vorbild modernisieren und stieß damit nicht nur beim einheimischen Adel und der Kirche auf Widerstand sondern auch in Russland und dem osmanischen Reich. 1866 wurde er deshalb zur Abdankung gezwungen. Auf Empfehlung Napoleons III. folgte ihm der deutsche Prinz Karl Eitel Friedrich Zephyrinus Ludwig von Hohenzollern-Sigmaringen auf den Fürstenthron. Mit der Umwandlung des Landes in ein Königreich wurde Fürst Karl 1881 schließlich als Carol I. der erste König von Rumänien.
Es ist schönes Wetter und auch noch Samstag. Und da die beiden Schlösser Peleș und Pelișor idyllisch in einem Park stehen, zieht es nicht nur uns zu ihnen. Aber wir haben Glück: mit unserem dicken Wohnmobil finden wir trotz der vielen Ausflügler einen schönen Platz zum parken. Eine gute viertel Stunde laufen wir zum Schloss Pelișor.
In Auftrag gegeben wurde es von Carol I. als Sommerresidenz für seinen Sohn, den künftigen König Ferdinand I. und seiner Frau Marie. Das zwischen 1899 und 1902 erbaute Schloss gefällt uns auf Anhieb. Fast vollständig aus Fachwerk zählt es zum Chalet-Stil, der von schweizer und österreichischen Häusern inspiriert ist.
Marie Alexandra Victoria von Sachsen-Coburg und Gotha war eine Prinzessin von Großbritannien und Irland und eine Nichte von Königin Victoria. Sie verbrachte den Großteil ihrer Kindheit und Jugend im englischen Kent und auf der Insel Malta.
Nach ihrer Hochzeit mit Ferdinand I. zog sie mit ihm nach Rumänien – ein Land, dessen Riten und Bräuche ihr vollkommen unbekannt waren. Und doch wurde Rumänien zu Ihrer neuen Heimat.
Mit Hingabe und Herz kümmerte sie sich um die Menschen, die während ihrer Amtszeit den zweiten Balkankrieg und den Ersten Weltkrieg erlebten. Sie organisierte Feldlazarette und lies medizinische Einrichtungen errichten. Als Krankenschwester kümmerte sie sich um verwundete Soldaten und unterstützte einfache Familien. Ihre Fürsorge galt auch den Kindern, die durch den Tod ihrer Eltern zu Waisen geworden waren. Vor allem diese physische Präsenz brachte ihr bei den Rumänen tiefen Respekt ein. So wurde sie „Mutter der Verwundeten“ und „Königin der Soldaten“ genannt.
Im Schloss Pelișor setzte sie sich gegen den Willen ihres Schwiegervaters durch und übernahm die Inneneinrichtung im Jugendstil und im Stil englischer Adelssitze zum größten Teil selbst.
Wir lassen uns Zeit und bummeln durch die Räume des Schlosses, das auf uns einen sehr wohnlichen Eindruck macht.
Eine Leidenschaft Maries war auch das schreiben von Geschichten für ihre sechs Kinder und das malen feinsinniger Blumenaquarelle. Seit ihrer Krönung schrieb sie nicht nur Tagebuch sondern veröffentlichte unter dem Titel „Die Geschichte meines Lebens“ sogar ihre Memoiren. Dadurch haben wir heute ein sehr viel feineres Bild von ihr und der Zeit in der sie lebte.
Zahlreiche Tafeln beschreiben das Leben der Königsfamilie und wir spüren regelrecht ihre Präsenz in den Räumen.
Gut zwei Stunden verbringen wir im Schloss.
Nur 300 Meter entfernt von Schloss Pelișor, ein Stück den Berg hinab liegt das Schloss Peleș.
Das Schloss wurde zwischen 1873 und 1883 erbaut und diente König Carol I. als Sommerresidenz. Um es in Ruhe zu besichtigen ist es inzwischen zu spät. Das verschieben wir und bummeln zwischen all den anderen Besuchern nur ein bisschen auf dem Schlosshof und in dem angrenzenden Garten umher.
18. Juni 2022