Unser nächster Stopp ist Arta und wir übernachten am Rand des dortigen Stadtparks. Die Stadt selbst ist recht unspektakulär. Sie ist vor allem bekannt für ihre Steinbrücke und byzantinischen Kirchen. Nach einem morgendlichen Spaziergang durch den Park fahren wir zu einem Parkplatz in der Nähe der Steinbrücke.

Die Brücke von Arta ist eine Bogenbrücke aus dem Jahr 1612 und somit während der osmanischen Herrschaft entstanden. Jedoch geht ihr Urspung bis in die Antike zurück. Um diese Brücke gibt es sogar eine Legende. So soll sie während der Erbauung immer wieder in der Nacht eingestürzt sein. Erst als der Baumeister seine Frau in die Brücke einmauerte, konnte sie fertiggestellt werden.

Wir hoffen, dass dies wirklich nur eine Legende ist und überqueren die vier Bögen, um auf die andere Flusseite zu gelangen. Unser nächstes Ziel ist die Panagia Parigoritissa. Sie ist die größte und berühmteste Kirche der Stadt aus dem 13. Jahrhundert.

Der Bau erinnert ein bisschen an einen Würfel mit fünf runden Dachtürmen. Die Aussenmauern werden heute durch massive Stahlträger gestützt.

Das Innere vermittelt durch die vielen offenen Bögen ein sehr filigranes Bild. Von der Wandbemalung ist noch einiges erhalten und wir wundern uns darüber, dass kaum etwas davon geschützt wird.

In der Kuppel ist das Mosaik des Pantokrators – des All- oder Weltherrschers – erhalten.

Auch die Seitenwände und der Altarraum sind mit Fresken bemalt.

Zu dieser Kirche gibt es ebenfalls eine Legende. So soll der Baumeister, der mit der Errichtung der Kirche betraut war, einen weiteren Auftrag an einem anderen Ort erhalten haben. Da er keinen Auftrag ablehnen wollte, wies er seinen Lehrling an, die Kirche fertigzustellen. Als er einige Zeit später wiederkam und sah, was der Lehrling alles verändert hatte und das diese Veränderungen auch noch sehr schön aussahen, überfiel ihn die Eifersucht. Er behauptete, dass er einen Baufehler entdeckt habe, den er seinem Lehrling zeigen wolle. Dieser folgte ihm nichts ahnend auf das Dach der Kirche, um sich diesen vermeintlichen Fehler selbst anzuschauen. Als er sich vorbeugte, nutzte der Baumeister die Gelegenheit und gab seinen Lehrling einen Stoß. Dieser konnte sich jedoch an ihm festhalten und so stürzten beide in den Tod. Um die trauernde Mutter des Lehrlings zu trösten, soll Maria selbst aus dem Himmel herabgekommen sein, was der Kirche ihren Namen gab: „Panagia Parigoritissa“ – die Kirche der Trostreichen Muttergottes.

Wir verlassen Arta und fahren weiter Richtung Norden.

Entlang des Acheloos-Flusses – einem der größten Flüsse des Landes, gelangen wir immer höher in die Berge.

Am Horizont sehen wir bald die ersten noch mit Schnee bedeckten Gipfel. Und fahren stetig darauf zu.

Bis wir einige der übrig gebliebenen Schneefelder erreichen.

Die Straßen sind zum Glück frei von Schnee. Wir fahren zwar mit Vierjahresreifen, wollen sie aber nicht unbedingt in jeder Jahreszeit testen.

Deshalb sind wir froh, als wir wieder im Tal sind. Hier erleben wir jedoch etwas ziemlich beängstigenes. Als wir anhalten, um den weiteren Weg zu recherchieren, dröhnt über uns wieder einmal Düsenlärm. Die Flüge der Kampfjets hören wir mittlerweile täglich und sie vermitteln uns stets ein gruseliges Gefühl. Sie erinnern uns immer wieder daran, dass es aktuell Krieg in Europa gibt. Natürlich kann es sein, dass Kampfjets hier „normal“ sind, nicht weit entfernt ist eine Militärbasis. Diesmal jedoch donnert einer der Jets durchs Tal und auf Augenhöhe an uns vorbei. Silke kann den Piloten klar erkennen. Selbst jetzt, wenn ich darüber schreibe, packt mich wieder dieses Gefühl der Bedrohung.

Von diesem Schock erholen wir uns nur langsam und es bleibt das Gefühl, auch wenn später keine Kampfjets mehr zu hören sind.

Dann erreichen wir den Mesochora-Stausee. Er wurde zwischen 1996 und 2001 gebaut und steht heute nutzlos in der Landschaft. Probleme bei der Genehmigung haben dazu geführt, dass er nie eröffnet wurde.

135 Meter hoch: die Staumauer des Mesochora-Staudamms. Das Wasser, dass sich bisher sammelt ist eher überschaubar.

Bereits 2010 sollte der Stausee in Betrieb gehen. Er hat ein Gesamtvolumen von 625 Millionen Kubikmetern und ist Teil des ursprünglich geplanten Wasserkraft-Ausbaus des Acheloos. So sollte zum Beispiel auch Wasser zu den Baumwollfeldern in der Ebene von Thessalien umgeleitet werden. Dies hätte unter anderem zur Folge gehabt, dass weniger Wasser in die Lagunen von Messolonghi fließen. Die Auswirkungen wären sicher verheerend für das Naturschutzgebiet gewesen. Wie so oft treffen in solchen Projekten gegensätzliche Bedürfnisse aufeinander. In diesem Fall hat der Schutz und der Erhalt der Natur fürs erste gesiegt.

Und auch zum Fluss Acheloos gibt es eine Legende: Laut der griechischen Mythologie ist Acheloos ein Flussgott und die Personifikation des Flusses Acheloos. Er ist für den Süßwasserreichtum und die Fruchtbarkeit des Landes verantwortlich und kann – wie der Fluss seinen Lauf – seine Gestalt verändern. Als er sich in Deianeira verliebte, gerät er in einen Konflikt mit seinem Kontrahenten Herakles. Während der Auseinandersetzung verwandelte sich Acheloos zuerst in eine Schlange und später in einen Stier. In dieser Gestalt jedoch brach im Herakles ein Horn ab – das spätere Füllhorn.

Dann erreichen wir die Steinbrücke und den Wasserfall von Palaiokaria. Sie wurde Anfang des 16. Jahrhunderts von den Mönchen des Klosters Dousiko erbaut. Sehr viel mehr Informationen finden wir dazu nicht. Aber als Fotomotiv ist es definitiv sehr schön. Sie ist auch ein Beispiel für die vielen Steinbrücken in diesem Gebiet. Die waren notwendig, um über die zahlreichen Flüsse zu benachbarten Dörfern oder zu Weiden und Äckern zu gelangen. Anfänglich waren es Holzkonstruktionen, später stifteten reiche Einwohner die Steinbrücken. Sie sind alle sehr unterschiedlich. Manche bestehen aus einem, andere aus mehreren Bögen, es gibt halbrunde und spitze Bogenlinien. Sie alle zu besuchen, ist sicherlich eine eigene Tour durch Epirus.

Die Steinbrücke liegt ziemlich abgelegen und wir verbringen eine Nacht in völliger Stille.

Als nächstes Ziel steht Meteora auf dem Programm. Die „schwebenden Klöster“ wollen wir unbedingt sehen. Auf dem Weg dahin kommen wir noch an weiteren antiken Rundbogenbrücken vorbei, die allesamt sehr sehenswert sind.

Und in den Bergen können wir auch gutes Trinkwasser tanken. Auch wenn diese Variante etwas zeitintensiver ist, der gute Tropfen ist es in jedem Fall wert.

28. März 2022