An diesem Morgen erwachen wir auf dem Parkplatz der Salina Turda – einem der beliebtesten Reiseziele Rumäniens. Das ehemalige Salzbergwerk ist heute ein Vergnügungspark und wird jährlich von mehr als 600.000 Menschen besucht.

Es ist noch früh, doch der Parkplatz füllt sich recht schnell. Mitten im Hochsommer mit den entsprechenden Temperaturen ist es ein bisschen komisch, in unsere langen Hosen und Pullover zu schlüpfen. Aber wir haben gelesen, dass die Temperaturen unter Tage das ganze Jahr konstant zehn bis zwölf Grad Celsius betragen. Deshalb schnappen wir uns dazu auch noch unsere wärmenden Jacken. Zum Glück ist es ist nicht weit bis zum Eingangsportal, dass wie ein gestrandetes Ufo in der Landschaft liegt. Nichts deutet darauf hin, dass wir am Rand einer ganz eigenen Welt stehen.

Eingang der Salzmine

Wir schieben der Frau am Ticketschalter die 100 Lei zu – rund 20 Euro – und erhalten im Gegenzug unsere Eintrittskarten. Dann folgen wir gespannt dem langen, schmalen Gang, der uns erst einmal 120 Meter tief in den Berg hinein führt. Zusammen mit weiteren Besuchern erreichen wir eine Empore, die den Blick freigibt auf einen tiefen, hell erleuchteten Schacht.

in der Bildmitte ist ein Fahrstuhl aus Stahl, der Menschen tief in das Innere einer Salzmine bringt. am rechten und linken Bildrand sieht man einen Umlauf, auf dem die Besucher einmal um den gesamten Raum laufen und hinab schauen können. Die Waende sind grau und von weißen Salzlinien durchzogen.
Fahrstuhl in die Salina

Ein Fahrstuhl bringt die Besucher 13 Stockwerke hinab in den Rudolf-Stollen. Die Traggkraft ist auf 320 Kilogramm begrenzt, deshalb hat sich eine Warteschlange gebildet. Wir haben darauf keine Lust. Einmal links abgebogen folgen wir der Empore um den gesamten Stollen und lassen das Treiben unter uns wirken.

Blick von der Empore der Salina Turda in Rumaenien. Der Raum geht tief in das innere der Erde. Beleuchtet wird er von vielen schmalen, laenglichen Lampen, die an Seilen von der Decke haengen. In der Bildmitte sieht mand die Stahlkonstruktion eines Riesenrads und einen halbrund abgegrenzten Minigolf-Bereich. Am linken Bildrand sind mehrere Rutschen in gelb, rot und gruen zu sehen
Der Freizeitpark von oben. Gegenüber der Fahrstuhl.
Im Vordergrund schauen Silke und Claudia in die Kamera. Silke traegt ein blaues Oberteil, Claudia eine grau gepunktete Jacke. Sie stehen auf der Empore der Salzmine Turda in Rumaenien, die im Hintergrund zu sehen ist
Selfie auf der Empore

Die Geschichte des Salzes in der Region

Die gesamte Region war vor Jahrmillionen von Meerwasser bedeckt. Tropisches Klima lies das Wasser nach und nach verdunsten und hinterlies eine rund 400 Meter dicke Salzschicht. Auch heute noch erstreckt sie sich im siebenbürgischen Untergrund. Dicke Sedimentschichten lagerten sich auf dem Salz ab und drückten es an seinen Rändern wie Pilze in die Höhe. Der „Salzpilz“ von Turda ist etwa 1.200 Meter hoch. An manchen Stellen erreichte das Salz die Oberfläche, wo es leicht zugänglich war. An diesen Stellen entstanden die Minen.

Überliefert ist, dass schon die Römer hier den wertvollen Rohstoff abbauten. Die heutige Stadt Turda begründet sich auf der Römersiedlung Potaissa, eine zwischen 101 und 106 n. Chr. von den Dakern eroberte Siedlung. Das Bergwerk wurde erstmals im Jahr 1075 erwähnt, die erste Urkunde stammt vom 1. Mai 1271. Der Salzabbau bescherte der Region Reichtum und Wohlstand. In den 1930er Jahren war die Ausbeute erschöpft und die Mine wurde stillgelegt.

Die Salzmine von Turda erstreckt sich über eine Fläche von zirka 45.000 Quadratmetern. Die einzelnen Stollen sind durch einen schmalen Gang, der Franz-Josef-Galerie, miteinander verbunden. Im zweiten Weltkrieg wurden die Stollen als Luftschutzbunker genutzt, in denen die Menschen Schutz vor den Bomben fanden. Nach dem Krieg diente die Franz-Josef-Galerie als Käse-Lagerstätte.

Querschnitt der Salina Turda in Rumaenien - einmal seitlich, darunter von oben. Fotos zeigen Eindruecke der Stollen und Gaenge. Pfeile zeigen, an welcher Stelle der Grafik diese Foto aufgenommen wurde.
Querschnitt der Salina Turda.

Ab 1992 wurde die ungenutzte Mine zu einem Zentrum für Halotherapie umgebaut und ist heute ein beliebtes Ausflugsziel.

das Bild ist auf der Empore der Salzmine Turda in Rumaenien entstanden. Die Decke des Raumes ist dunkelgrau, von hellgrauen und weißen sich windenden Linien durchzogen. Die Empore ist aus hellem Holz.
Salzstrukturen an Decke und Wänden

Als wir zum Fahrstuhl zurückkehren, stehen noch immer viele Menschen an. Wir entscheiden uns für die Treppe, die uns über 172 Stufen 13 Etagen tiefer in den Rudolf-Stollen führt. An der Wand jeder Etage ist das Jahr vermerkt, in dem auf dieser Höhe das Salz abgebaut wurde.

Der Rudolf-Stollen

Unten angekommen wird uns erst hier die Dimension so richtig bewusst. Wir sind rund 120 Meter unter der Erdoberfläche in einem 42 Meter tiefen, 50 Meter breiten und 80 Meter langen Stollen.

das Bild entstand im Rudolfstollen in der Salzmine Turda in Rumaenien. Das Bild wird fast vollstaendig von der staehlernen Konstruktion des Riesenrads eingenommen. Auf einer der runden Kabinen steht Romania.
Riesenrad

Ein vielfältiges Angebot macht den Aufenthalt zu etwas Besonderem. Ein Riesenrad bringt die Menschen ganz nah an die von der Decke wachsenden Salz-Stalagtiten, einige bis zu drei Meter lang. Rund zwei Zentimeter wachsen sie pro Jahr. Das Mikroklima in den Stollen hilft bei der Behandlung von Atemwegserkrankungen. Die salzige Luft tut leise ihre Arbeit, während man sich bei Bowling, Minigolf, Tischtennis oder Billard vergnügt. Jede dieser Attraktionen muss jedoch separat bezahlt werden.

im Vordergrund steht Claudia mit ihrer grauen Jacke und blauen Jeans und fotografiert die schraege Decke der Salzmine Turda in Rumaenien. Salz kristallisiert in schmalen Stalagtiten von der Decke
An Wänden und Decke kristallisiert noch immer Salz
im Vordergrund steht Claudia in ihrer grauen Jacke und fotografiert in Richtung linken Bildrand. Im Hintergrund ist der Rudolfstollen der Salina Turda in Rumaenien zu sehen.
Blick vom Balkon auf die ein Stück tiefer liegende Mine Terezia

Der Terezia-Stollen

Wir entscheiden uns dagegen und gehen zurück zum Fahrstuhl. Von dort führt eine weitere Treppe noch ein Stück weiter hinab in den nebenan liegenden Therezia-Stollen.

Dieser Stollen ist zu 80 Prozent mit Wasser gefüllt in deren Mitte sich eine Salz-Insel gebildet hat. Darauf steht eine an ein Ufo erinnernde hölzerne Konstruktion. Sie bietet kleinere Sitzecken und einen Bootsanleger an dem kleine Boote zum rudern auf dem See einladen.

Blick auf den Tereza-Stollen der Salzmine Turda in Rumaenien. Der Stollen ist mit Wasser gefuellt, auf dem gelbe und blaue Ruderboote sind. Beleuchtete Konstruktionen leuchten hell in die Dunkelheit.
Boot fahren auf dem See der Mine Tereza
Runde Holzkonstruktion mit Sitzgelegenheiten, die mit schmalen, hell weiß leuchtenden Lampen wie ein Igel aussieht. Dahinter die Wand des Tereza-Stollens der Salina Turda. Die graue Wand ist von geschwungenen weißen Linien aus Salz durchzogen
kreative Inneneinrichtung
Im Vordergrund fahren kleine Ruderboote auf einem See im Tereza-Stollen der Salina Turda in Rumaenien. am rechten Bildrand eine hoelzerne Bruecke. Ueber dem Wasser haengen an langen Seilen mehrere schmale, hell leuchtende Lampen. Die steinerne graue Wand im Hintergrund ist von weißen gerade und unregelmaeßigen Linien durchzogen
Bootsfahrt

Uns genügt es, den anderen beim rudern zuzusehen und wir gehen zurück zum Rudolf-Stollen. Die Treppe, die beide Stollen verbindet, ist gerade breit genug, das zwei sehr schlanke Menschen seitlich aneinander vorbeigehen können. Inzwischen ist aber die Besucherzahl derart angestiegen, dass wir einige Male stehen bleiben, um andere sich an uns vorbeischmiegen zu lassen. So viel fremden Körperkontakt wie an diesem Tag hatten wir schon eine Weile nicht mehr. Zwar nehmen wir das ganze mit Humor aber so richtig geheuer ist es uns dann auch nicht. Wir sind froh, als wir endlich oben ankommen. Inzwischen stehen die Besucher am Fahrstuhl fast bis ans andere Ende des Stollens, umgerechnet sind das gut 40-60 Minuten Wartezeit. Also laufen wir die 172 Stufen auch wieder nach oben.

Die Franz-Josef-Galerie

Entlang der Franz-Josef-Galerie biegen weitere Gänge und Türen ab, hinter denen unter anderem eine kleine Ausstellung zu den Arbeitsmitteln vergangener Tage steckt.

ein hoelzerner Wagen mit Eisenraedern steht auf Schienen. Im Wagen liegen große, von unten angeleuchtete Salzbrocken
Museumsausstellung

Hier steht auch die Crivac, 1881 erbaut und die einzige noch an ihrem Einsatzort erhaltene Maschine dieser Art. An ihren dicken hölzernen Armen wurden abwechselnd zwei Pferde eingespannt, die das geförderte Salz von der Sohle hoch zum Transportstollen zogen. Die nur durch Fackeln erhellte Dunkelheit und die andauernden kreisenden Bewegungen führte regelmäßig zur Erblindung der Pferde nur kurze Zeit, nachdem sie nicht mehr im Bergwerk eingesetzt wurden.

historische hoelzerne Konstruktion, an denen Pferde fuer die Arbeit in der Salzmine befestigt werden konnten
Crivac, auch Pferdemühle oder Gepel genannt

Eine besondere Attraktion ist die Echokammer, der 115 Meter tiefe Joseph-Stollen mit einem Durchmesser von 67 Metern. Zu sehen ist allerdings nur der obere Teil des Stollens. Von dem hölzernen Balkon, dessen Rand zu dick ist um einen Blick nach unten zu werfen, rufen wir in die Tiefe. Bis zu zwanzig mal echot der Raum unsere Stimmen zu uns zurück.

Echokammer
der gesamte rechte Bildabschnitt ist eine mit Salzkristallen ueberzogene Wand. ein schmaler Teil des Bildes ist ein gang, auf dem verschwommen Menschen zu sehen sind, die den ganz nach hinten laufen
Franz-Joseph-Galerie – der ehemalige Transportschacht

Die Ghizela-Mine

Wir hören davon, dass es noch eine Mine gibt, die mit einer Führung besichtigt werden kann: die Mine Ghizela. 20 Lei – 4 Euro pro Person kostet uns das noch einmal. Ein bisschen müssen wir noch warten, bevor ein junger Mann uns und zwei weitere Person abholt.

Holztreppen fuehren in die Tiefe. Claudia steigt gerade die letzten Stufen hinab. Alles ist dick mit Salzkristallen ueberzogen
Salz verkrustet jede Oberfläche
ein sehr niedriger Raum, mit Salzkristallen an Waenden und Boden. Alles ist von zwei hell weiß leuchtenden Lampen erleuchtet
Mine Ghizela

Unser Guide führt uns durch den Schacht, weist auf besonders sehenswerte Salzstrukturen und erzählt extra für uns in englischer Sprache von den Geschichten und der Geschichte. Die Ghizela-Mine wurde für den künftigen Salzabbau vorbereitet. An manchen Stellen ist sie so niedrig, dass wir unsere Köpfe einziehen müssen. Überall haben sich dicke Krusten gebildet, die in dem schwachen Licht vor sich hin glitzern.

Claudia hockt an einer von dick mit weißen Salzkristallen ueberzogenen Wand. In der Wand ist eine Oeffnung, durch die man in die beiden Stollen Tereza und Rudolf schauen kann. Claudia schaut aber in die entgegengesetzte Richtung zum rechten Bildrand
Ein kleines Loch gibt den Blick frei in den unter uns liegenden Rudolf-Stollen.
Eine von dicken Salzkristallen ueberzogene Leiter mit fuenf Stufen lehnt an einer dick mit Salz verkrusteten Wand und ist im oberen Bereich bereits mit der Wand verwachsen
Mine Ghizela

Drei Stunden waren wir in dieser unterirdischen Welt und es hat sich definitiv gelohnt.

13. Juli 2022