Auf unserem Weg von der Nurellari Winery zurück zur Küste kommen wir an diesen Gebäuden im osmanischen Stil vorbei. Wir haben sie in Albanien schon einige Male gesehen und uns gefällt dieser Baustil sehr.

Als wir in Durres ankommen, empfangen uns Hochhäuser und viel Verkehr. Das meiste ist neu gebaut und gibt der Stadt eine moderne Skyline. Wir reihen uns in das typische Großstadt-Verkehrsgetümmel ein und Silke muss aufpassen, dass Laika nicht plötzlich einen Mercedes in der Flanke stecken hat. Die Verkehrsregeln werden hier individuell ausgelebt und es ist erstaunlich, dass sich alles am Ende doch irgendwie fügt.

In unserer App haben wir einen bewachten Parkplatz nicht weit vom Stadtzentrum und direkt am Meer ausgesucht. Und wir haben Glück – es ist noch genug Platz für uns.

Zwischen den neugebauten Häusern soll es ein römisches Amphitheater geben, dass zu besichtigen uns sehr empfohlen wurde. Dahin gehen wir nun als erstes. Der Eingang ist klein und unscheinbar – das Gelände ist zwar umzäunt aber da wir bergauf laufen, erkennen wir es erst als wir schon davor stehen. Nur zwei weitere Besucher sind hier aber schon bald haben wir die Anlage für uns allein.

Erbaut wurde das Theater vermutlich unter Kaiser Hadrian in der ersten Hälfte des zweiten Jahrhunderts. Zu dieser Zeit war Durres, dass damals Dyrrachium hieß, ein Zentrum römischer Kultur in der Region. Das Theater bot Platz für mindestens 16.000, vermutlich jedoch bis zu 23.000 Besucher und war damit das größte Theater der Balkanhalbinsel.

Es wurde zufällig 1966 bei Bauarbeiten entdeckt und liegt nun eingebettet zwischen Wohnhäusern. In der Spätantike nutzte man es als Steinbruch zur Gewinnung von Baumaterial und zerstörte so einen Großteil der Anlage. So wurden zum Beispiel alle steinernen Sitze abgetragen.

Vermutlich bedeutete ein Erdbeben 345/346 das Ende des Theaters. Es könnte aber auch unter das Edikt Kaisers Theodosius gefallen sein, dass die Schließung aller heidnischen Kultstätten verlangte.

Ab dem 7. Jahrhundert wurde das Theater als Friedhof genutzt und die Verstorbenen in den Gängen und der Arena beigesetzt. Zu diesem Zweck errichtete man drei frühchristliche Kapellen auf dem Gelände, die heute kaum noch erhalten sind. Einzig ein Mosaik an der Süd- und Westwand einer der Kapellen ist noch zu sehen.

Leider ist das Theater heute in einem ziemlich schlechten Zustand. Es wird nicht nur vom Sickerwasser bedroht, auch die Bebauungen in unmittelbarer Nähe und die schlechte Erhaltung macht es zu einer der gefährdetsten Kulturstätten Europas.

Auch wenn es nicht mehr allzu viel zu sehen gibt – einiges wurde bis heute noch nicht ausgegraben – hat sich unser Besuch sehr gelohnt. Ein bisschen Atmosphäre dieses einstigen Theaters war noch übrig.

Zurück in der heutigen Zeit laufen wir die sehr aufgeräumt wirkende Strandpromenade entlang. Sie lädt zum bummeln ein und Cafes und Restaurants warten in der Sonne auf Besucher. Es ähnelt anderen südlichen Orten und für uns ist das ein bisschen zu viel Einheitsbrei. Deshalb beschließen wir, die Durres wieder zu verlassen und nach etwas natürlicherem zu suchen.

Noch ein letztes Foto mit der Anglerskulptur, dann fahren wir weiter.

Es zieht uns wieder einmal in eine Lagune. Unsere bisherigen Erfahrungen haben uns gut gefallen und so fahren wir die rund 60 Kilometer nach Norden. Und kommen kurz vor einem grandiosen Sonnenuntergang in der Patok-Lagune an.

Kurz nach Einbruch der Dunkelheit fahren alle halbe Stunde mehrere LKW an uns vorbei und weiter zum Ende der Lagune. Was sie dort machen, sehen wir erst am nächsten Tag.

Die Lagune ist bekannt für ihre Restaurants, in denen es sehr guten Fisch geben soll. Und da wir uns gern selbst ein Bild von allem machen, besuchen wir eines davon am nächsten Tag. Unterwegs kommt uns ein Einspänner im leichten Trab entgegen und der Herr auf dem Wagen macht einen sehr entspannten Eindruck. Diese Karren sehen wir hier ziemlich oft, vor allem in den ländlicheren Gebieten.

Unsere Wahl fällt auf das Restaurant Patoku Park (Link führt zu Instagram). Es besteht aus mehreren kleinen Pfahlbauten, die alle durch einen Steg miteinander verbunden sind. So haben wir eine Hütte für uns allein und werden nicht von den Nachbarn „gestört“. Unsere Kellnerin freut sich über unseren Besuch, erzählt uns von ihrem Ausflug nach Deutschland und dass sie begonnen hat, deutsch zu lernen.

Wir können sowohl das Restaurant als auch die Patok-Lagune sehr empfehlen. Wer ein bisschen Ruhe sucht, gutes Essen mag und einfach mal die Seele baumeln lassen will, ist hier bestens aufgehoben. Nur eine Sache wäre da noch…

Denn am nächsten Morgen wollen wir die Lagune noch etwas erkunden. Das erste Stück führt uns am Wasser entlang. Dabei gelangen wir an den Ort, an dem die LKW in der Nacht Kies aufgeschüttet haben. Vermutlich sind weitere Restaurants oder Bungalows geplant. Danach führen schmale Deiche weiter. Wir folgen ihnen ein Stück, bis uns die Masse an Müll jede Lust darauf vergehen lässt. Das Plastik ist wirklich überall – es liegt im Wasser, zwischen Grashalmen und Sträuchern oder ist halb vergraben in der Erde. Und das mitten im Landschaftsschutzgebiet.

Desillusioniert kehren wir zurück zu unserem Stellplatz und sind sehr überrascht über das Camp, dass inzwischen entstanden ist. Diese Nacht stehen wir hier mit Campern aus Deutschland, den Niederlanden und Tschechien.

Und lassen noch einmal die faszinierende Abendstimmung auf uns wirken, die das spiegelglatte Wasser gemeinsam mit den typischen Pfahlbauten und den Bergen zaubert.

26. – 27. April 2022