Hier oben, auf dem Besucherparkplatz der Burg, haben wir sehr gut geschlafen. Und nur ein paar Schritte entfernt haben wir einen wunderbaren Blick auf die kleine Stadt Rupea.

Rupea – wie in einer Miniaturlandschaft stehen die Häuser in perfekter Anordnung

Rupea (deutsch Reps, ungarisch Kőhalom) hat knapp 5.000 Einwohner und wurde wie viele andere Siedlungen bereits im 12. Jahrhundert gegründet. Der Name ist ein Überbleibsel des römischen Castrum Rupes, einem Teil der römischen Befestigungsanlagen für den Schutz der Handelswege.

Die Errichtung der Burg auf dem Basaltkegel beginnt vermutlich im 11. Jahrhundert. Urkundlich erstmals erwähnt wird sie allerdings erst im Jahr 1324. Gelegen an einem wichtigen Kreuzungspunkt zwischen der Walachei, Siebenbürgen und Moldau wird sie in Dokumenten aus dem 15. Jahrhundert als bedeutendes Handwerks- und Handelszentrum mit zwölf Zünften erwähnt. Vermutlich steht die Festung auf den Überresten einer einstigen dakischen Anlage. Und genau hier, auf diesem Berg, soll sich Decebalus – der letzte König der Daker im Jahr 106 n. Ch. das Leben genommen haben.

Die Burg besteht aus drei Bereichen. Zuerst entstand die obere Burg, die im Jahr 1421 durch den Angriff der Türken fast vollständig zerstört wurde. Als man sie später wieder aufbaute erweiterte man sie um einen weiteren Mauerring – die Mittelburg. Im 17. Jahrhundert schließlich errichtete man noch einen dritten Mauerring, die Unterburg.

Die Anlage war im Laufe der Zeit ein wichtiger Zufluchtsort, vor allem in schwierigen Zeiten. Rund 100 Häuser standen im Inneren der Burg, die dazu dienten, den Bewohnern der umliegenden Dörfern in Notlagen Unterschlupf zu gewähren. So zum Beispiel 1716, als eine Pestepidemie durch das Land fegte.

Durch einen schweren Sturm im Jahr 1790 wurden nahezu alle Dächer schwer beschädigt und die Burg schließlich aufgegeben. 200 Jahre wurde sie dem Verfall preisgegeben, bis man in den 1960er Jahren mit Restaurierungsarbeiten begann. Zwischen den noch stehenden Mauerresten baute man drei der ehemaligen Häuser nach, die heute besichtigt werden können.

Nach und nach erforschen wir die Anlage, bummeln durch vergangene Zeiten und genießen immer wieder den herrlichen Blick auf die Gegend um uns herum.

In einem noch erhaltenen Raum der Unterburg entdecken wir eine Ausstellung handgefertigter Kacheln. Und sind beeindruckt von der Vielfalt der Muster.

Nach rund 2,5 Stunden sind wir zurück und starten zu unserem nächsten Ziel. Wir haben gelesen, dass nicht weit von hier entfernt kleinere Schlammvulkane sind. Und weil wir von den ersten Vulkanen noch immer beeindruckt sind, fahren wir da hin. Diese Vulkane sind jedoch noch in im entstehen. Unbeachtet und von allerlei Müll verschmutzt blubbern sie neben einem kleinen Feldweg vor sich hin. Wir finden es traurig, dass wir Menschen so achtlos mit der Natur umgehen. Ist es wirklich notwendig, seinen Müll einfach in die Landschaft zu werfen? Die Natur kann problemlos ohne uns weitermachen aber können wir ohne Natur existieren?

Auch wenn es nicht wirklich viel zu sehen gibt, bleiben wir eine Weile. Einer der Vulkane kann kaum noch blubbern, denn ein großes Plastikteil verstopft seine Öffnung. Mit einem dünnen Stock und viel Geduld holt Silke dieses Teil raus und wir freuen uns, als der Schlamm wieder mit Kraft zu fließen beginnt. Wer weiß, vielleicht haben wir den Grundstein gelegt für einen neuen großen Vulkankegel.

Und dann geht es weiter – zum Lake St. Ana – knapp zwei Stunden von Rupea entfernt. Hier liegt der Campingplatz Cabana Turistică Lac Sfânta Ana. Für uns einer der außergewöhnlichsten Orte auf dieser Reise. Der Platz liegt inmitten eines Naturreservats und ist komplett umzäunt. Hier sind die Menschen im „Käfig“ und die Tiere bewegen sich frei drumherum. Auf der Wiese, die bergauf bis zum Wald führt, sehen wir dann auch eine Bärenmutter mit ihren zwei Jungtieren. Hier bin ich das erste mal wirklich traurig, dass unsere Kamera den Weg nur bis Rom geschafft hat. Mit unserem Equipment ist es fast unmöglich, die Tiere zu fotografieren.

Eine ganze Weile sehen wir den dreien zu, bevor wir einchecken. Der Ranger drückt uns eine 5-Liter-Flasche Wasser und Holzscheite für ein Lagerfeuer in die Hand, dann lässt er uns wieder allein. Die Jungs hier haben gut zu tun, denn die Gegend ist bei Ausflüglern sehr beliebt. Wir fahren durch das Tor und suchen uns eine einigermaßen ebene Fläche, ein Stück entfernt von dem jungen Pärchen, dass ebenfalls hier parkt. Wir wollen noch zum See laufen, der ein Stück den Berg hinab liegt. Als wir die Schranke passieren, ruft uns der Ranger zu, dass wir bitte bis spätestens halb sechs zurück sein sollen, da sie dann abschließen und ab 18 Uhr kein Ranger mehr da sein wird.

Da es schon bald so weit ist, drehen wir nach kurzer Zeit wieder um. Als wir bei Laika ankommen, steigt das junge Pärchen gerade in´s Auto und fährt langsam an uns vorbei Richtung Tor. Ab jetzt sind wir also allein im „Käfig“, ohne Ranger und umgeben von wilden Tieren. Unsere Gesichter hätte ich in dem Moment gern gesehen.

Silke zieht es noch einmal nach draußen, um zu schauen, ob die Bärin mit ihren Jungen noch immer auf der Wiese ist. Es gibt eine kleine Tür, durch die man aus dem „Käfig“ nach draußen kommt. Kaum hat sie diese Tür geöffnet und die ersten Schritte gemacht, rasen zwei hüfthohe schwarze Hütehunde und drei kleinere Hunde aggressiv bellend auf sie zu. Mit dem Herz in der Hose macht Silke sich groß und knurrt kurzerhand kräftig zurück. Das schüchtert die Hunde mächtig ein. Sie bleiben stehen und nach kurzer Zeit liegen sie ihr zu Füßen und genießen die Streicheleinheiten. Die drei kleineren Hunde hatten wir bei unserer Ankunft schon gesehen, die Hütehunde jedoch nicht. Sie alle sind darauf trainiert, das Camp vor Bären zu schützen. Das ist auch sinnvoll, denn die kleine Tür, durch die man den „Käfig“ verlassen kann, ist reine Attrappe. Sie hat zwar eine Klinke aber kein Schloss und lässt sich problemlos in beide Richtungen öffnen.

Dieser Abend wird sehr magisch. Wir sitzen am Lagerfeuer und haben das Gefühl, ganz allein auf der Welt zu sein. Immer wieder hören wir die Hunde kräftig bellen, wenn sich etwas zu nah an das Camp heranwagt. Sie erledigen ihren Job richtig gut. Ab und zu hören wir auch Wolfsgeheul. Zumindest glauben wir das, denn die Ranger versicherten uns, dass es hier keine Wölfe gibt. Aber wer weiß das schon. Die Natur geht ihre eigenen Wege.

28. Juni 2022