Rund 23 Kilometer ist die Entfernung zwischen der serbischen Grenzkontrolle in Gostun und der in Dobrakovo in Montenegro. Damit ist sie eine der seltsamsten Grenzen auf unserer Reise. Liegen die meisten Grenzanlagen nur ein paar Meter voneinander entfernt, sind es hier Kilometer. Also fahren wir und fahren und warten darauf, dass die montenegrischen Grenzposten in Sicht kommen. Aber nichts geschieht. Immer entlang des Flusses Lim folgen wir der engen Straße die uns in das neue Land bringen wird. Dabei fahren wir auch über mehrere Kilometer am Stau auf der anderen Straßenseite vorbei. Die Einreise nach Serbien ist an diesem Tag sehr begehrt. Als wir sogar an einem Kloster im gefühlten Niemandsland vorbeikommen ist die Verwirrung perfekt. Irgendwann erreichen wir aber Dobrakovo, zeigen unsere Ausweise und werden durchgewunken.

Einreise in Montenegro
Daumen hoch vom Gegenverkehr.
Einreise Montenegro
Grenze Montenegro
Einreise in Montenegro. Landesschild
Willkommen
Erster Eindruck

Wir wissen so gut wie gar nichts über dieses Land. Deshalb hier:

Ein paar Fakten

  • Einwohner: ca. 620.000
  • Größe: 13.812 Quadratkilometer
  • Hauptstadt: Podgorica
  • Amtssprache: Montenegrinisch. In touristischen Gebieten wird häufig Englisch gesprochen, vereinzelt auch Deutsch und Italienisch.
  • Religion: Die Mehrheit der Bevölkerung gehört der serbisch-orthodoxen Kirche an, gefolgt von einer muslimischen Minderheit.
  • Währung: Euro (obwohl Montenegro nicht Teil der Eurozone ist, nutzt es den Euro offiziell).
  • Angrenzende Länder: Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Serbien, Kosovo und Albanien.
  • Einreise: Für deutsche Staatsangehörige ist die Einreise mit Personalausweis oder Reisepass möglich. Ein Visum ist nur bei einem Aufenthalt von mehr als 90 Tagen erforderlich.
  • Einreise mit dem Kfz: Die „Grüne Versicherungskarte“ ist erforderlich, auf der Montenegro (Abkürzung MNE) eingetragen sein muss. Alternativ kann eine lokale Versicherung an der Grenze erworben werden.
  • Straßenverkehr: Die Nutzung von Straßen und Autobahnen ist teilweise mautpflichtig. An einigen Stellen werden Gebühren erhoben.

Internet in Montenegro

Eine unserer ersten Aktionen in jedem Land, dass außerhalb der Eurozone liegt, ist die Organisation von Internet. Und hier beeindruckt uns Montenegro gleich zu Beginn. In den meisten Ländern haben wir eine sehr gute bis hervorragende Internetanbindung gefunden. In Montenegro finden wir die Krönung: Nicht nur ist die Verbindung im ganzen Land topp, hier kostet eine SIM-Karte mit 500 Gigabyte nur 10 Euro für 10 Tage oder 15 Euro für einen ganzen Monat – ein Spezial-Angebot extra für Touristen. Das haben wir so noch nicht gesehen und senden gedanklich einen Gruß an die Heimat. Wir entscheiden uns für 30 Tage. Damit sind wir flexibel und können bleiben, so lang wir wollen. Und hier auch gleich ein Spoiler vorab. Wir haben wirklich versucht, wenigstens 100 Gigabyte zu verbrauchen. Haben Netflix-Filme zum offline schauen heruntergeladen, alle Bilder in unsere Cloud hochgeladen, Musik gehört, Youtube geschaut, viel für die Reiseroute recherchiert und online navigiert. Wir haben es dennoch nicht geschafft. Als wir Montenegro verlassen, haben wir gerade einmal 20 Gigabyte verbraucht.

Verkehrsregeln wie überall
Internet-Angebot für Touristen
Top-Angebot für Touristen

Unser erstes Mal in Montenegro

Wir finden unseren Schlafplatz: mal wieder ein ausgetrocknetes Flussbett. Diesmal an der Einmündung der Lješnica in die Lim. Wir sind zuversichtlich, denn das Ufer ist stark verfestigt und wir sehen sogar Reifenspuren. Wir sind nicht die ersten, die hier stehen und es scheint schon eine Weile kein Wasser mehr so hoch gekommen zu sein. Ein plötzlicher Wetterwechsel ist auch nicht vorhergesagt, also vertrauen wir dem ganzen und bleiben stehen.

Kurz nach unserer Ankunft erhalten wir Besuch. Es ist ein schwarzbrauner Rüde, der sich vorsichtig nähert. Seine Körpersprache ist deutlich: „Hier könnte es was zu futtern geben, aber ich bin lieber vorsichtig.“ Wir wissen nicht, was ihm in seinem Leben schon widerfahren ist. Ganz langsam fasst er Vertrauen, schwankt aber weiter zwischen euphorischer Spiele-Aufforderung und sehr vorsichtigem anpirschen an das Futter.

Montenegro frei stehen am Flussufer
frei stehen am Flussufer
Montenegro Hund
Montenegro frei stehen am Flussufer

Der nächste Tag wird ein reiner Fahrtag. Doch das ahnen wir noch nicht, als wir den Motor starten. Zuerst folgen wir der Straße nach Süden, bevor wir in Berane nach rechts Richtung Gebirge abbiegen. Die Straße ist über weite Strecken neu gebaut und wir kommen gut voran. Unterwegs genießen wir die Landschaft und lassen Montenegro auf uns wirken. Das Land macht seinem Namen „schwarzer Berg“ alle Ehre.

Die Geografie des Landes ist geprägt vom Hochgebirge des Dinarischen Gebirges, dem Karsthochplateau in der Mitte des Landes und der Steilküste mit spektakulären Buchten an der Adria. Die Tara-Schlucht ist der längste und tiefste Canyon Europas und mit der Bucht von Kotor liegt in Montenegro auch der südlichste Fjord Europas. Auch einer der drei letzten Urwälder Europas liegt in Montenegro – der Nationalpark Biogradska.

Das alles liegt noch vor uns, als wir der neu gebauten Straße Richtung Skigebiet folgen.

vorbei an kleinen orthodoxen Kapellen
und neu gebauten Häusern

Und immer wieder öffnen sich entlang der Strecke atemberaubende Blicke auf die uns umgebende Natur.

Nach rund 20 Kilometern verändert sich die Straße – und das Fahrerlebnis. Es beginnt langsam. Erste abgerutschte Steine neben der Straße zeugen davon, dass die Hänge nicht immer stabil sind.

Bis irgendwann die Straße durch Steine und Schotter nur noch einspurig befahrbar ist. Ein Stück weiter besteht sie nur noch aus Kies- und Schotter und endet schließlich in einer Baustelle. Hier soll ein in den Berg gegrabener Tunnel die beschwerliche Strecke über schmale Serpentinen-Straßen ersetzen. Schweres Baugerät hat den Boden tief ausgegraben. Die übriggebliebenen Furchen machen keinen einladenden Eindruck. Mit einem normalen PKW würden wir sicher versuchen, durch das unwegsame Gelände zu der weiterführenden Straße zu kommen. Aber unser fahrendes zu Hause wollen wir nicht riskieren. Diese Baustelle war nirgendwo auf der Strecke angekündigt und zwingt uns jetzt zu der Entscheidung umzukehren. 20 Kilometer zurück nach Berane.

Der Umweg ist dann nochmal gut 60 Kilometer lang und führt über schmale Straßen und durch kleine Dörfchen.

Montenegro Bergwelt
Montenegro Bergwelt

Und dann erhalten wir die Nachricht, dass Silke und Oliver ganz in unserer Nähe sind. Die beiden haben wir am Ohridsee in Nordmazedonien kennengelernt. Auch sie sind gerade mit ihrem Camper in Europa unterwegs und wir vier hatten sofort einen sehr guten Draht zueinander. Wir werfen unseren Plan über den Haufen und verabreden, uns auf einem Campingplatz weiter südlich zu treffen.

Montenegro Bergwelt
Montenegro Bergwelt

Am Ende des Tages haben wir 172 Kilometer zurückgelegt. Die ziemlich spannende Route findest du hier auf Google Maps.

Montenegro
Montenegro
Montenegro
Camping an einer ehemaligen Wurstfabrik

08. + 09. August 2022