Es ist August geworden. Und das merken wir auch. Die Temperaturen steigen und es wird immer heißer. Die Sonne hat inzwischen eine Intensivität erreicht, die uns von Schatten zu Schatten springen lässt. Und sobald sie vor allem auf meine Arme scheint, fühle ich Stiche auf der Haut. Ein bisschen wie eine Verbrennung. Hier hilft nur noch Schatten und Sonnencreme. Für lange Kleidung und Basecap ist es heute zu warm.

Der Morgen am Kloster, an dem wir die letzte Nacht verbracht haben startet mit einem recht unguten Gefühl. Ein untersetzter, stiernackiger und nicht sehr sympathisch wirkender Serbe beobachtet uns. Nur durch sein Äußeres und sein Verhalten triggert er unsere Vorurteile. Als er dann noch auf unser Auto zukommt, seine eine Kamera zückt und mehrere Fotos macht, haben wir keine Lust mehr. Wir können das alles nicht zuordnen und packen noch die letzten Sachen. Als wir losfahren, bekommen wir noch eine abwertende Geste von ihm und er noch weitere Fotos. Dieser Typ ist mit Abstand der unangenehmste Zeitgenosse, dem wir auf dieser Reise begegnet sind. Insgesamt können wir solche Begegnungen aber an einer Hand abzählen.
Ripaljka-Wasserfall
Wir haben von einem sehr beliebten Ausflugsziel Serbiens gelesen: dem Ripaljka-Wasserfall. Er gilt als einer der schönsten und höchsten Wasserfälle des Landes. In mehreren Kaskaden fällt hier der Gradašnica-Fluss rund 40 Meter in die Tiefe. 1948 wurde er als erstes Naturdenkmal Serbiens unter Schutz gestellt. Wir sind nicht die einzigen mit dieser Idee, denn wir sind mitten in den serbischen Sommerferien. Und so ist der Parkplatz dann auch schon recht voll. Einen Platz finden wir aber noch und laufen dann Richtung Wasserfall.





Hier sehen wir wieder einmal sehr eindeutige Zeichen des Dürrejahrs 2022. Der Fluss ist zu einem Rinnsal geworden und so sieht auch der Wasserfall aus. An der letzten Kaskade tröpfelt es nur noch vereinzelt. Es ist ein beängstigendes Bild. Schließlich ist Wasser die wichtigste Quelle für alles Leben auf der Welt.
Trotzdem weckt die Hitze in uns die Idee, mal richtig baden zu gehen. Wir finden auf der Karte einen See, der nur ein paar Kilometer entfernt ist – Bovansko Jezero. Im Internet lesen wir, dass er sehr beliebt ist bei Schwimmern, Anglern und Ausflüglern. Als wir dort ankommen, überzeugt er uns aber nicht und wir ziehen weiter. Ein Foto gibt es aber:

Kloster Djunis
An diesem Abend stehen wir wieder an einem Kloster. Diesmal das serbisch-orthodoxe Nonnenkloster Djunis. Hier verbringen wir eine weitere sehr ruhige Nacht. Und am nächsten Morgen sehen wir uns das Kloster auch an. Wir werden herzlich von einer der Nonnen empfangen und ziehen uns einen langen Rock über unsere Kleidung. Dann bummeln wir durch die Anlage.


Das Kloster ist auch bekannt als das Kloster der Muttergottes von Djunis. Es wurde im 19. Jahrhundert an einem Ort errichtet, der für wundersame Erscheinungen der Muttergottes bekannt ist. Vor allem die Klosterkirche beeindruckt uns durch ihre traditionelle serbisch-byzantinische Architektur aus rotem Backstein und mit kunstvollen Verzierungen. Heute dient das Kloster als spirituelles Zentrum und zieht zahlreiche Pilger an.
Camping Vrnjacko Vrelo
Am nächsten Tag finden wir unsere Gelegenheit zum baden und planschen. Den Campingplatz „Vrnjacko Vrelo“ in Novo Selo. Der Campingplatz macht einen sehr neuen und modernen Eindruck. Hier gibt es alles, was das Camperherz begehrt. Der Platz liegt gleich neben einem Hotel, dessen Swimming-Pool wir mit nutzen dürfen. Wer mich kennt weiß: wenn ich im Wasser bin, ist es wirklich heiß. Wer Silke kennt weiß: einmal drin im Wasser – nie mehr raus. Hier bleiben wir zwei Nächte und fühlen uns so richtig wohl. Und bekommen mal wieder Hundebesuch.






Kloster Rujan
Irgendwann wollen wir weiter. So schön es ist, sich nach Belieben abzukühlen, gibt es für uns noch einiges zu sehen. Zum Beispiel den Lake Vrutki. Wir fahren einmal um den See herum und finden mal wieder einen Stellplatz an einem Kloster – das Kloster Rujan. Wie schon in Rumänien haben wir diese abgelegenen Orte für uns als idealen Schlafplatz ausgemacht. Meist sehen wir keine Menschenseele, es ist ruhig und oft gibt es auch Wasser. Bislang hat uns auch noch niemand vertrieben. Ist doch jemand zu sehen, fragen wir, ob übernachten in Ordnung ist. Die Antwort war bisher immer „ja“.

Das ursprüngliche Kloster Rujan lag weiter unten und stammte aus dem 15. Jahrhundert. Auf dessen Anwesen befand sich ein Kurort, der dem Kloster ein stattliches Einkommen beschwerte. Diese Einnahmen investierten die Äbte und Mönche in den Buchdruck und gründeten die erste Druckerei im mittelalterlichen Serbien. Da das Geld dennoch nicht ganz ausreichte, druckten die Mönche auf 250 gravierten Holzplatten. 1537 wurden Druckerei und Kloster von den Türken angegriffen und bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Die Mönche retteten sich ins Kloster Raca. Mit der Aufstauung des Flusses Djetinja 1986 wurden die Ruinen des alten Klosters überschwemmt und liegen heute im Vrtuci-See.
Das heutige Kloster wurde 2006 als Nachfolger des alten Klosters auf einem höheren Standort erbaut.

Tara-Gebirge und Zaovino-Stausee
Wir sind im im Tara-Nationalpark, der fast vollständig in Serbien liegt und ein bedeutendes Natur- und Kulturerbe des Landes ist. Es liegt sich auf einer Fläche von rund 220 Quadratkilometer im Westen Serbiens und nahe der Grenze zu Bosnien und Herzegowina, wo der Fluss Drina die natürliche Grenze zwischen den beiden Ländern bildet. Das Gebirge ist ein Teil der Dinarischen Alpen, einer größeren Gebirgskette, die sich über mehrere Balkanländer erstreckt. Bekannt ist Tara für seine üppigen Wälder und einzigartige Biodiversität. Hier leben noch Braunbären, Wölfe, Wildkatzen und einige endemische Insekten- und Pflanzenarten. Darunter auch die serbische Fichte, ein Relikt aus der Eiszeit, die ursprünglich nur hier auf rund 60 Hektar wächst. Inzwischen wird sie aber auch an anderer Stelle in Europa gepflanzt. Der 1981 gegründete Tara-Nationalpark ist gut erschlossen. Ein Netzwerk aus gut beschilderten Wegen durchzieht das Gelände, das in Höhen von 1.000 bis 2.000 Metern liegt. Deshalb ist die Gegend auch sehr beliebt bei Wanderern und Naturgenießern.
Mittendrin im Nationalpark liegt der Zaovino Stausee, der sehr gelobt wird. Er wurde als Wasserspeicher für ein nahe gelegenes Wasserkraftwerk angelegt, hat sich aber zu einem beliebten Ausflugsziel entwickelt. Schwimmen, Ausflüge mit dem Kajak oder dem Boot sollen hier möglich sein. Das können wir uns nicht wirklich vorstellen, denn bei unserer Rundfahrt auf der Panoramastraße um den See sind wir wieder einmal sehr erschrocken. Der Wasserspiegel scheint in den letzten Jahren immer weiter zurückgegangen zu sein. Das erkennen wir deutlich an der Uferkante, die inzwischen mehrere Meter unterhalb der Baumlinie liegt. Besonders deutlich wird es beim Zulauf des wesentlich kleineren Kruščica-See in den Stausee.




Wir lesen von Drvengrad, auch Küstendorf genannt, das nicht weit von uns entfernt ist. Es wurde 2004 für den Film „Das Leben ist ein Wunder“ errichtet. Nach den Dreharbeiten entschied der Regisseur, dass es nicht wieder abgebaut, sondern als kulturelles und touristisches Ausflugsziel ausgebaut werden soll. Die Architektur orientiert sich an traditionellen serbischen Dörfern, was ihm eine historische Note verleiht. Das klingt gut, denken wir und fahren hin. Doch als wir dort sind, kommen wir mit unserer dicken Berta kaum die schmalen Straße hoch, an deren Ende das Dorf ist. Überall parken Autos und ein Gewirr aus Menschen erfüllt die Gegend. Das ist uns zu viel Trubel und wir ahnen, welche Massen uns im Dorf selbst noch erwarten. Also drehen wir mit „wenden in unzähligen Zügen“ um und fahren zu einem auf Park4Night angegebenen Stellplatz in der Nähe. Vom Dorf selbst gibt es auf Wikipedia einen Eintrag.


Uvac Canyon
Unser letztes Ziel ist der Uvac Canyon, eine der spektakulärsten Landschaften Serbiens. Er ist bekannt für seine mäandernden Flusswindungen, steilen Felswände und eine einzigartige Tierwelt. Die Anfahrt zu unserem Stellplatz gestaltet sich etwas schwierig, da sich die Zufahrt erst nicht zeigen will. Als wir unseren Stellplatz endlich erreicht haben, bietet sich uns eine schöne Aussicht auf den Fluss. Allerdings liegt auch hier die Wasserkante etwa 30 Meter unterhalb der Vegetationsgrenze, während der Überlauf des Stausee gut 30 Meter über dem Wasserspiegel liegt.



Am nächsten Tag erhalten wir Besuch. Es ist ein älterer Serbe, der unentwegt auf uns einredet. Wir können nur raten aber wir vermuten, dass wir mindestens 50 Euro zahlen oder den Ort wieder verlassen sollen. Das wollen wir nicht und wir sind gern bereit, ihm auch Geld zu geben. Aber für 50 Euro könnten wir Glamping (Glamour-Camping) auf einem Campingplatz mit Pool machen. Als wir schon kurz davor sind unsere sieben Sachen zusammenzupacken, parkt eine junge serbische Familie neben uns. Der Mann steigt aus und bemerkt unsere Diskussion. Als er zu uns kommt, fragt er auf deutsch, um was es denn geht. Wir erklären ihm die Situation und er übernimmt die Verhandlungsführung. Kurz darauf zieht der ältere Herr zufrieden mit 10 Euro des Weges und wir dürfen ganz offiziell auf seinem Grundstück noch eine weitere Nacht bleiben.
Diese Chance nutzen wir, um ein Stück zu laufen.


Auch hier wurde ein Fluss – der Uvac für den Bau eines Wasserkraftwerkes angestaut. Wir sind im Naturschutzgebiet Uvac und bewundern das kräftige türkis des Wassers das sich vom graubraun der Felsen abhebt. Der Uvac-Fluss hat über Jahrtausende tiefe Schluchten in dramatischen Windungen in die Landschaft gegraben. Mit jedem Schritt ändert sich die Szenerie und wir laufen von einem Panoramablick zum nächsten.



Rund um den See gibt es zahlreiche Möglichkeiten für Urlauber: Bootstouren, Kajakfahrten, Wandern oder die Beobachtung von Flora und Fauna. Hier leben noch Gänsegeier in ihrem natürlichen Lebensraum. Wir haben sie gesehen. Rund 30 Tiere nutzen den Aufwind über dem uns gegenüberliegenden Berg, um elegant durch die Luft zu gleiten.
Am nächsten Tag verabschieden wir uns aus Serbien und reisen über den Grenzübergang Gostun / Dobrakovo weiter nach Monenegro.
