Heute geht es nach Oamaru.
Unterwegs lasse ich mich fangen vom Wegweiser zum „Totara Esatate“, einem ehemaligen Schafzuchtbetrieb. Hier wurde das erste Mal in Neuseeland Fleisch tiefgefroren, um es nach Europa – vorwiegend England – zu verschiffen. Zuvor war die Wollproduktion die große Einnahmequelle, Fleisch eher ein Abfallprodukt. Die Neuseeländer waren einfach zu wenige, um die Menge zu vertilgen. In England hingegen mit seiner industriellen Revolution und der Bevölkerungsexplosion in den Städten war die Versorgung mit Lebensmitteln ein Problem. Die längere Haltbarkeit machte den Transport über längere Zeit möglich.
Als Extra bekomme ich als erster und bislang einziger Besucher des Tages eine Demonstration mit den Hütehunden. Die zehn Vorzeigeschafe – alles Rassen aus England, Schottland und Irland, werden von einem Gatter ins nächste getrieben.
Oamaru, die Stadt mit viktorianischem Charme hat sich nach dem industriellen Niedergang neu erfunden: als Hauptstadt des Steampunk. DAS muss ich sehen. Viele der viktorianischen Gebäude werden heute als Geschäft oder Bar bzw. Restaurant genutzt. Eines davon beherbergt das „Steampunk Headquarter“. Steampunk verbindet die Mode des viktorianischen Zeitalters mit der Kraft des Dampfes. Übertragen in die heutige Zeit mutet es historisch und futuristisch zugleich an.
Die ausgestellten Maschinen könnten locker Teil eines „Mad Max“ oder „Robocop“-Filmes sein. Ich genieße es sehr, mir die verrückten, zusammengeschraubten und geschweißten Dinge anzuschauen.
Danach bummle ich noch ein wenig durch das viktorianische Viertel. Oder besser, ich flitze von Laden zu Laden. Es regnet und der Wind zerrt an allem was ihm im Weg steht. Auch an mir. Nach den gefühlten 30 und mehr Grad der vergangenen drei Wochen fühlt es sich herbstlich an. Schließlich fliehe ich ins Auto, stelle mich in die Nähe einer Touristeninformation und zapfe deren kostenfreies WiFi an. Die letzten Tage stehen noch zum hochladen an und im Moment habe ich nichts weiter zu tun.
Am späten Nachmittag fahre ich zu den Moureaki-Bouldern. Runde Steine, die über ein kurzes Stück Strand verteilt im Sand feststecken. Die Maori glauben, es sind die versteinerten Kalebassen aus ihrem Ahnenkanu. Wissenschaftliche Erklärungen gehen davon aus, dass chemische Reaktionen das Gestein um einen harten Kern herum gebildet haben. Als sich der Meeresboden hob, spülte die Brandung sie nach und nach frei. Es ist high Tide – Flut, die Boulder werden vom Meer um- und überspült. Ebbe ist erst heute Nacht oder morgen Mittag wieder. Auf nasse Füße hab ich keine Lust.
Ich beschließe, noch zum Leuchtturm am Kaiki zu fahren. Von 7:30 am bis 7:30 pm ist dieser abgeschiedene Ort zugänglich. Es ist zwar schon 7 pm aber ich fahre dennoch hin. Schließlich sollen am Ende Pinguine und Seelöwen zu sehen sein. Als ich über die Schotter- und Rüttelpiste ankomme, ist es schon zu spät, um noch weiter zu gehen. Von weitem sehe ich die Seelöwen liegen. Früh morgens soll es am besten sein, wenn die Pinguine „auf Arbeit gehen“. Also schlafe ich heute früh und stehe morgen mal wieder mit Wecker auf.